WEG-Miteigentümer: Kein Anspruch auf Schlüssel für fremde Haustüren

Auch wenn die Hauseingangstüren in einer Mehrhausanlage zum Gemeinschaftseigentum gehören, hat nicht jeder Eigentümer Anspruch auf Zugang zu allen Schlüsseln, sagt das Landgericht (LG) Karlsruhe.

Ein Miteigentümer einer WEG-Mehrhausanlage verlangte von einem anderen Miteigentümer im Zusammenhang mit von diesem vorgenommenen baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum die Übergabe von drei Schlüsseln zur Hauseingangstür eines anderen Hauses. Hintergrund: Er wollte über diese Tür schneller zu seinem neuen Keller gelangen, den er aber auch über einen Innenhof erreichen konnte. Der Mitgebrauch am Gemeinschaftseigentum sei zwar unabhängig vom Umfang der Miteigentumsanteile in gleichem Umfang möglich, sofern keine besondere Benutzungsbeschränkung vorliege. Jedoch dürfe das Gemeinschaftseigentum ohne gesonderte Gebrauchsregelung nur zweckentsprechend benutzt werden.

Quelle: LG Karlsruhe 20.8.2021, 11 S 88/19

Mietvertrag: Bindung des Mieters an einen vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: In Mietverträgen über Wohnraum darf vereinbart werden, dass der Mieter für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses an einen vom Vermieter zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Breitbandkabelanschluss gebunden ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist Vermieterin von mehr als 120.000 Mietwohnungen, von denen etwa 108.000 an ein Kabelfernsehnetz angeschlossen sind, über das Fernseh- und Hörfunkprogramme übertragen werden und das auch für andere Dienste, wie Telefonate und Internet, genutzt werden kann. Das Entgelt, das die Beklagte für die Versorgung der Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen über das Kabelnetz zahlt, legt sie nach den Mietverträgen als Betriebskosten auf ihre Mieter um. Für die Mieter besteht nach den Mietverträgen keine Möglichkeit, während der Dauer des Mietverhältnisses die Versorgung ihrer Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunksignalen zu kündigen.

Die Klägerin sieht einen wettbewerbswidrigen Verstoß darin, dass die Mietverträge keine Regelung enthalten, nach der die kostenpflichtige Bereitstellung eines Kabelanschlusses wenigstens zum Ablauf einer Laufzeit von 24 Monaten kündbar ist, und die Beklagte nicht den Abschluss von Mietverträgen anbietet, nach denen die Bereitstellung solcher Anschlüsse auf eine Laufzeit von höchstens 12 Monaten begrenzt ist. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Prozessverlauf

Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch zu. Insbesondere sei das Telekommunikationsgesetz (TKG) und hier § 43b TKG im Verhältnis der Beklagten zu ihren Mietern nicht anwendbar, weil das Angebot der Beklagten nicht im Sinne dieser Vorschrift öffentlich zugänglich sei.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte hat durch die Bindung ihrer Mieter an den von ihr zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Kabel-TV-Anschluss nicht gegen § 43b TKG verstoßen.

Mit der Bereitstellung der Kabel-TV-Anschlüsse erbringt die Beklagte allerdings einen Telekommunikationsdienst im Sinne des TKG. Sie stellt ihren Mietern damit einen Dienst zur Verfügung, der ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen besteht. Der von der Beklagten angebotene Telekommunikationsdienst ist angesichts der großen Anzahl der von der Beklagten vermieteten und mit einem Kabel-TV-Anschluss ausgestatteten Wohnungen entgegen der Ansicht des OLG öffentlich zugänglich.

In den von der Beklagten mit ihren Mietern geschlossenen Mietverträgen ist jedoch keine 24 Monate überschreitende Mindestlaufzeit vereinbart. Die Beklagte verwehrt ihren Mietern auch nicht den Abschluss von Mietverträgen mit einer Höchstlaufzeit von zwölf Monaten. Die Mietverträge werden von der Beklagten vielmehr auf unbestimmte Zeit geschlossen und können von den Mietern bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 43b TKG auf die von der Beklagten geschlossenen Mietverträge scheidet daher aus.

Eine entsprechende Anwendung von § 43b TKG im Verhältnis der Beklagten zu ihren Mietern kommt nicht in Betracht. Der Gesetzgeber wollte große Wohnungsbaugesellschaften, die mit Kabel-TV-Anschlüssen ausgestattete Wohnungen vermieten und die Kosten des Kabelanschlusses als Betriebskosten auf die Mieter umlegen, nicht in den Geltungsbereich der Vorschrift einbeziehen. Das ergibt sich auch aus der bevorstehenden Änderung des TKG.

Quelle: BGH, Urteil vom 18.11.2021, I ZR 106/20, PM 215/2021 vom 18.11.2021

Corona-Pandemie: WEG-Eigentümerversammlung auf dem Spielplatz

Eine Eigentümerversammlung auf dem Spielplatz der Eigentumsanlage widerspricht zumindest zu Pandemiezeiten nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Sie stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung dar. Das entschied jetzt das Amtsgericht (AG) Wedding.

Der Verwalter lud zunächst zu einer Eigentümerversammlung ein, sagte diese wegen der Beschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie aber wieder ab. Mit der Beschlussfassung im Umlaufverfahren waren zwei der 36 Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Daraufhin lud der Verwalter zu einer Eigentümerversammlung unter freiem Himmel auf dem Spielplatz des Grundstücks der Eigentümergemeinschaft ein. Ein Eigentümer wollte dies im Wege der einstweiligen Verfügung untersagen lassen, weil der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung dadurch verletzt werde, dass der Versammlungsort für jedermann zugänglich sei und jeder zuhören könne. Der Verwalter verwies darauf, dass der Spielplatz nicht zur Nutzung für die Öffentlichkeit gedacht, durch hohe Bäume blickdicht und ein Belauschen durch Dritte von umliegenden Grundstücken aus nicht möglich sei.

Nach Ansicht des AG widerspricht die Versammlung auf dem Spielplatz nicht den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Wegen der Pandemie sei der Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen in Räumen zur Vermeidung von Infektionen eingeschränkt. Die Versammlung hätte verlegt werden können bei Fortdauer der Kontaktbeschränkung mit deutlicher Verzögerung. Auch hätte der Beschluss im schriftlichen Verfahren gefasst werden können.

Quelle: AG Wedding, Urteil vom 13.7.2020, 9 C 214/20

Hausgeldrückstände: Entziehung eines Wohnungseigentums droht!

Fortlaufende, nicht nur geringfügige Hausgeldrückstände begründen eine Pflichtverletzung, die nach Abmahnung zu einer Entziehung des Wohnungseigentums berechtigt. Das hat jetzt das Landgericht (LG) Frankfurt/Main entschieden.

Der Eigentümer stritt seit Jahren gerichtlich mit der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen Nichtzahlung von Vor- und Nachschüssen. Abmahnungen ignorierte er. Offen waren titulierte Rückstände i. H. v. ca. 12.000 Euro. Daraufhin beschloss die Gemeinschaft, ihm das Wohnungseigentum zu entziehen.

Das AG gab der Entziehungsklage statt. Die Berufung blieb erfolglos.

Das Zahlungsverhalten des Wohnungseigentümers sei nicht hinnehmbar; es führe zu erheblichen Belastungen durch Klage- und Vollstreckungsverfahren und letztlich zu einer Mehrbelastung der anderen Wohnungseigentümer. Erschwerend komme hinzu, dass nicht nur ein vorübergehender Rückstand vorliege, da der Beklagte auch die laufenden Vorschüsse nicht zahle und künftige Zahlungen auch nicht zu erwarten seien. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Vor allem liege ein solches Mittel nicht in einer Versorgungssperre, da diesem Weg entgegenstehe, dass die Wohnung vermietet sei.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG Frankfurt/Main, Urteil vom 4.10.2021, 2-13 S 9/21

Betriebskosten: Darf der Vermieter eine maschinenschriftliche Abrechnung handschriftlich ergänzen?

Ja! Denn da Betriebskostenabrechnungen keinen Formvorschriften unterliegen, berühren handschriftliche Ergänzungen, die aus sich heraus verständlich sind, nicht die formelle Wirksamkeit maschinenschriftlicher Abrechnungen, sagt das Landgericht (LG) Wiesbaden.

Handschriftliche Einfügungen und Ergänzungen des Vermieters in der maschinenschriftlichen Betriebskostenabrechnung machen diese nicht formell unwirksam. Es gebe grundsätzlich keine Formvorschriften. Betriebskostenabrechnungen müssten weder maschinenschriftlich sein, noch so, dass keine Ergänzungen oder Änderungen vorgenommen worden sind.

Per handschriftlicher Ergänzung habe der Vermieter lediglich bezüglich der Nachzahlungsbeträge aus sich heraus nachvollziehbare Verrechnungen vorgenommen. Dies beeinträchtige die formell wirksame Abrechnung nicht.

Quelle: LG Wiesbaden, Urteil vom 9.7.2020, 3 S 91/20

Renovierungsarbeiten: Miete ist auch bei Umzug ins Seniorenheim zu zahlen

Der Mieter ist verpflichtet, Miete zu zahlen, auch wenn er sich bereits in einem Seniorenheim befindet und der Vermieter nach seinem Auszug schon vor Ablauf der Mietzeit Handwerker mit der Renovierung der Wohnung beauftragt hat. Das hat das Landgericht (LG) Koblenz klargestellt.

Während der Mietzeit schuldet der Mieter, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu zahlen. Ein Anspruch des Vermieters auf Mietzahlung erlischt, wenn er die Wohnung einem Dritten überlässt und dadurch dem Mieter den Gebrauch daran nicht (wieder) gewähren kann.

Nach Auffassung des LG führte die Nutzung der Wohnung durch die Handwerker zu Renovierungszwecken nicht zu einem Erlöschen des Mietzahlungsanspruchs. Denn es komme nicht darauf an, ob die Handwerker tatsächlich in der Wohnung lebten. Maßgebend ist, ob der Vermieter noch in der Lage ist, dem Mieter den Gebrauch der Wohnung (wieder) einzuräumen.

Zwar handelt es sich hierbei um eine hypothetische Frage, wenn der Mieter die Wiedereinräumung des Gebrauchs wie hier gerade nicht verlangt, sondern im Nachhinein die Mietzahlung für die Zeit der Gebrauchsüberlassung an die Handwerker bzw. der Selbstnutzung des Vermieters zu Renovierungszwecken verweigert. Dann kommt es darauf an, ob der Vermieter bei einem entsprechenden Verlangen des Mieters zur Herausgabe der Wohnung dieses umgehend erfüllt hätte. Ein entscheidendes Indiz ist der Umfang der in der Wohnung durchgeführten Baumaßnahmen. Hier hatte der Vermieter unwidersprochen vorgetragen, dass er jederzeit in der Lage gewesen wäre, die Handwerker wegzuschicken und der Mieterin den Gebrauch an der Wohnung zu gewähren, zumal nur kleinere Malerarbeiten durchzuführen waren. Daher war der Anspruch auf Mietzahlung hier nicht erloschen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: LG Koblenz, Urteil vom 16.2.2021, 6 S 188/20, PM Nr. 3/21 vom 16.4.2021

Rückgabepflicht: 18 Jahre Schuppen genutzt? Nur Leihe, keine Miete!

Wenn ein Vermieter es duldet, dass sein Mieter lange Jahre einen Schuppen nutzt, wird zwischen ihnen grundsätzlich nur ein Leihvertrag vereinbart. Die Nutzung führt weder zu einer Einbeziehung in den Mietvertrag noch zu der Annahme einer unwiderruflichen Gestattung. Folge: Der Vermieter kann den Schuppen jederzeit zurückfordern, wenn die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck heraus zu entnehmen ist. So sieht es das Amtsgericht (AG) Brandenburg.

Im Fall des AG wurde der Schuppen unstreitig bei Abschluss eines Mietvertrags über Wohnraum nicht mitvermietet. Gleichwohl nutzte die Mieterin der Wohnung auch diesen zum Abstellen von Fahrrädern etc. Da der Verleiher die Sache jederzeit zurückverlangen kann, wenn die Dauer der Leihe weder vereinbart noch aus dem Zweck zu entnehmen ist, hat das AG dem Verlangen des Vermieters nachgegeben.

Quelle: AG Brandenburg, Urteil vom 29.1.2021, 34 C 34/20

Mietbeendigung: Renovierung „um des lieben Friedens willen“

Führt ein Mieter nach Mietende unter Vorbehalt Schönheitsreparaturen durch, die er, wie sich später zeigt, nicht schuldete, hat er gegenüber dem ehemaligen Vermieter einen Zahlungsanspruch. Das entschied jetzt das Landgericht (LG) Berlin.

Zwar gilt der Grundsatz, dass das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht mehr zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende (hier: der Mieter) positiv gewusst hat, dass er zur Leistung (hier: zur Renovierung) nicht verpflichtet ist. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn er „um des lieben Friedens willen“ oder unter Druck leistet. (LG Berlin, Urteil vom 20.7.2020, 65 S 112/20)

Wohnungseigentum: Eigentümergemeinschaft muss die Selbstbeteiligung aus der Gebäudeversicherung bei Leitungswasserschaden tragen

Der Selbstbehalt bei einer Gebäudeversicherung ist bei einem Leitungswasserschaden nicht anteilig zwischen geschädigtem Sondereigentümer und ebenfalls geschädigter Wohnungseigentümergemeinschaft aufzuteilen. Vielmehr trägt die Gemeinschaft diesen allein. So hat nun das Landgericht (LG) Frankfurt/Main entschieden.

Ein Leitungswasserschaden führte zu Schäden an Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Die Versicherung regulierte und zog die Selbstbeteiligung ab. Da 85 Prozent des Schadens auf das Sondereigentum entfielen, meint der Verwalter, dass auch die zu zahlende Versicherungssumme an den Sondereigentümer um 85 Prozent des Selbstbehalts zu kürzen sei.

Das LG: Dem Eigentümer steht die auf den Schaden am Sondereigentum gezahlte Versicherungsleistung in voller Höhe zu, ohne dass ein Abzug in anteiliger Höhe für den Selbstbehalt erfolgen darf. Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss auch bei einem Schadenseintritt in nur einer Sondereigentumseinheit mit eigenen finanziellen Mitteln die Schadensbeseitigung dort in vollem Umfang ermöglichen und den Aufwand für den Selbstbehalt auf der zweiten Stufe in der Jahresabrechnung (auf alle Eigentümer) umlegen. Denn eigentlich ist der Selbstbehalt nur ein verkappter Bestandteil der Versicherungsprämie, weshalb alle von der wegen des Selbstbehalts niedrigeren laufenden Prämie profitieren. Im Zuge der Treuepflicht sind dann aber im Schadensfall auch solche Kosten zu „solidarisieren“. Der Ort des Schadenseintritts kann nicht zu einer ungleichen Kostenbelastung dadurch führen, dass der volle oder anteilige Selbstbehalt denjenigen Eigentümern aufgebürdet wird, bei denen sich (gegebenenfalls zufällig wie hier bei einem Leitungswasserschaden) das Schadensergebnis zeigt. (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.5.2021, 2-13 S 149/19)

Formerfordernis: Wohnungskündigung mit „i. A.“ unterschreiben genügt nicht!

Eine mit dem Kürzel i. A. unterschriebene Kündigung wahrt nur unter besonderen Umständen die notwendige gesetzliche Form. Das hat das Landgericht (LG) Wuppertal entschieden.

Der Vermieter hatte mit zwei Schreiben aus August und Oktober 2020 die Wohnung gekündigt. Die Kündigungsschreiben hatte er jedoch nicht selbst unterschrieben, sondern ein Dritter hatte dies mit dem Zusatz „i. A.“ getan.

Das genügt nicht, so jetzt das LG. Die Kündigungen entsprechen nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform. Sie sind unwirksam. Zwar könne sich der Vermieter bei der Erklärung der Kündigung vertreten lassen. Dann würde die Unterschrift des Vertreters genügen. Dann müsste aber die Stellvertretung vor der Kündigung offengelegt worden sein. Hiervon könne bei einer Unterzeichnung mit dem Zusatz „i. A.“ nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Es sei auch denkbar, dass der Unterzeichnende mit diesem Zusatz nur zu erkennen gebe, dass er lediglich als Erklärungsbote auftrete und nicht von einer Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt des unterzeichneten Schriftstücks auszugehen sei. (LG Wuppertal, Urteil vom 4.8.2021, 9 T 128/21)