Unwirksamkeit: Eigenbedarfskündigung für mehrere namentlich unbenannte Kinder

Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarf, nennt aber nicht die Namen seiner Kinder, die künftig die Wohnung nutzen sollen, ist dies unwirksam. So hat es das Landgericht (LG) Berlin entschieden.

Vermieter benötigte die Wohnung für seine Kinder

Ein Vermieter Vater von vier Kindern kündigte den Wohnraummietvertrag wegen Eigenbedarf. Er begründete die Kündigung mit der künftigen Nutzung der Wohnung durch zwei seiner Kinder. Er nannte die Namen der Kinder jedoch nicht in der Kündigung.

Die Räumungsklage hatte daher keinen Erfolg. Das LG sah die formellen Voraussetzungen der Kündigung nicht als erfüllt an. Nach dem Gesetz (hier: § 573 Abs. 3 S. 1 BGB) sind die Gründe, auf die das berechtigte Interesse des Vermieters gestützt wird, in der Kündigung anzugeben, weil dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition verschafft werden soll. Er soll so in die Lage versetzt werden, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.

Kündigungsgrund muss konkret beschrieben werden

Diesem Zweck werde im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Nur eine solche Konkretisierung ermögliche es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechslung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis gerade verwehrt werden solle.

Mieter konnte sich nicht angemessen verteidigen

Dementsprechend sei bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend. Diese gesetzlich geforderten Mindestangaben enthalte das Kündigungsschreiben nicht. Anhand der Angaben zu den Bedarfspersonen seien diese bereits nicht ausreichend identifizierbar. Damit war es dem Mieter nicht möglich, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, da die als Bedarfspersonen benannten Kinder weder namentlich noch sonst näher bezeichnet waren.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 14.2.2023, 67 S 288/22

WEG: Bauaufsichtliche Verfügung richtet sich gegen die Gemeinschaft, nicht gegen die Eigentümer

Eine bauaufsichtliche Verfügung, die brennbare Fassade zu entfernen, betrifft das Gemeinschaftseigentum und muss sich daher an die Wohnungseigentümergemeinschaft richten. Die einzelnen Wohnungseigentümer können die Befolgung der Verfügung nicht verhindern. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden (16.11.22, 1 Me 106/22).

Im Juli 2019 wurde einer Wohnungseigentümergemeinschaft aufgegeben, bis Sommer 2021 die brennbare Fassadenverkleidung des zwölfgeschossigen Hochhauses, errichtet in den 70er Jahren, zu entfernen. Da die Frist ungenutzt verstrich, setzte die Behörde im Mai 2022 ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000 Euro fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 200.000 Euro an.

Dagegen richtete sich der Antrag auf Eilrechtsschutz der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese meinte, es sei eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümer erforderlich. Zudem habe bis dato kein Beschluss über die brandschutzrechtliche Sanierung gefasst werden können. Das Verwaltungsgericht (VG) wies den Eilantrag ab.

Die Beschwerde der Wohnungseigentümergemeinschaft war erfolglos. Eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümer sei nicht erforderlich gewesen, so das OVG. Verstößt eine in Wohnungseigentum aufgeteilte bauliche Anlage hinsichtlich der in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Gebäudeteilen, wie etwa der Fassade, gegen öffentliches Baurecht, sei richtiger Adressat der bauaufsichtlichen Verfügung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese übe die sich aus dem Gemeinschaftseigentum ergebenden Rechte aus und nehme die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die einzelnen Wohnungseigentümer seien insoweit von der Verwaltung ausgeschlossen. Sie könnten die Gemeinschaft nicht daran hindern, eine wirksame und vollziehbare bauaufsichtliche Verfügung zu befolgen. Aufgrund der wirksamen und vollziehbaren bauaufsichtlichen Anordnung stehe für die Gemeinschaft verbindlich und ohne Rücksicht auf eine fehlende oder gegenläufige Beschlussfassung fest, dass ein Handeln geboten ist. Der einzelne Wohnungseigentümer könne die Gemeinschaft nicht unter Berufung auf zivilrechtliche Bestimmungen zur Willensbildung im Innenverhältnis hindern, ihrer öffentlichen Handlungspflicht nachzukommen.

Quelle: OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.11.2022, 1 Me 106/22

Keine Mietminderung: Vermieter darf sich im Hof nackt sonnen

Die Miete mindern „auf Teufel komm raus“ funktioniert nicht. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat sich mit zahlreichen geltend gemachten Mietmängeln hinsichtlich einer in einem gemischt genutzten Haus liegenden Büroetage befasst. Bemerkenswert: Nach dem OLG wird durch den sich im Hof nackt sonnenden Vermieter die sog. Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt. Es fehle an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück.

Das war geschehen

Der Kläger vermietete an die Beklagte eine Büroetage in einem Gebäude im Frankfurter Westend, das zum Teil zu reinen Wohnzwecken u.a. vom ihm selbst genutzt wurde. Die Beklagte minderte die Miete nach knapp einjähriger Mietzeit. Mit seiner Klage begehrt der Vermieter u.a. rückständige Mieten. Das Landgericht (LG) hatte der Klage hinsichtlich der ausstehenden Mieten nach einer aufwändigen Beweisaufnahme überwiegend stattgegeben.

Mietminderung wegen Bauarbeiten gerechtfertigt…

Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG nur geringfügig Erfolg. Zu Recht habe die Beklagte die Miete allerdings wegen umfangreicher Bauarbeiten in der Nachbarschaft gemindert, führte das OLG aus. Wegen der Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Räume durch Lärm und Staubimmissionen im Umfeld des Mietobjekts habe die Beklagte für drei Monate die Miete um 15 Prozent mindern dürfen. Die Baumaßnahmen in der Nachbarschaft und damit verbundene Beeinträchtigungen seien hier als unwesentlich oder ortsüblich einzuordnen. Für die Höhe der Minderung sei wesentlich, dass einerseits keine Zugangsbeeinträchtigung für die Laufkundschaft entstanden sei, andererseits aber das Objekt in einer ruhigen Nebenstraße in einem sehr gehobenen Wohngebiet liege. Die „Ruhe und Gediegenheit“ des Umfelds sei in Form des Ambientes des Mietorts Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit geworden.

… aber nicht wegen „Gerümpel“ im Hausflur und Küchengerüchen…

Weitergehende Minderungsgründe bestehen nach Ansicht des OLG nicht. Soweit die Beklagte die Miete gemindert habe, da im Erdgeschossbereich „Gerümpel“ abgestellt worden sei, sei dies unbegründet. Das Verhalten der Mitbewohner sei zwar häufiger Anlass für Beanstandungen. „Da die Wohnung neben der Funktion der Unterkunft und Lebensmittelpunkt auch soziale Kontakte, individuelle Erholung und Entspannung ermöglichen soll, sind Konflikte vorprogrammiert“, so das OLG. Der Freiraum der Mitbewohner sei unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit zu werten und mit dem Gebot der Rücksichtnahme abzuwägen. Beeinträchtigungen durch abgestellte Sachen im Flur (Kinderwagen, Schuhe, Ranzen, Tüten oder Ähnliches) gingen nur in Ausnahmefällen über das als sozialadäquat hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung hinaus. Hier sei nicht feststellbar, dass es zu einer massiven Beeinträchtigung gekommen sei.

Ohne Erfolg habe die Beklagte auch eine Minderung in Hinblick auf Küchengerüche vorgenommen. „Vor dem Hintergrund der gemischten Nutzung des Gebäudes ist auch mit sozialadäquatem Verhalten der Mitbewohner zu rechnen. Dazu gehört, dass man sich gelegentlich ein Mittagessen kocht und es gelegentlich auch riecht“, betonte das OLG. Im Rahmen des extra zur Mittagszeit durchgeführten Ortstermins seien im Treppenhaus zudem keine Küchengerüche festgestellt worden. Auch der behauptete „muffige Geruch“ sei nicht zu riechen gewesen.

… und nicht wegen Nacktheit im Hofbereich

Schließlich könne die Miete auch nicht gemindert werden, soweit sich der Kläger unstreitig nackt im Hof sonne. Rein das ästhetische Empfinden eines anderen verletzende Umstände führten grundsätzlich nicht zu einem Abwehranspruch, sofern sie sich nicht gezielt gegen den anderen richteten. Eine „grob ungehörige Handlung“ im Sinne des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (hier § 118 OWiG) liege nicht vor. Durch den sich im Hof nackt sonnenden Kläger werde die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt. Es fehle an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück. Der Ort, an dem der Kläger sich unbekleidet auf seine Liege lege, sei von den Räumlichkeiten der Beklagten aus nur dann sichtbar, wenn man sich weit aus dem Fenster herausbeuge. Dies stehe einer gezielten Einwirkung entgegen.

Soweit die Beklagte behaupte, dass der Kläger sich bereits unbekleidet durch das Treppenhaus zum Hof begebe, sodass „ein sich zufällig zu diesem Zeitpunkt auf der Treppe befindlicher Bewohner oder Besucher mit seiner Nacktheit“ konfrontiert würde, sei dies nicht nachgewiesen worden. Der Kläger habe vielmehr glaubhaft bekundet, stets einen Bademantel zu tragen, den er erst unmittelbar vor der Sonnenliege ausziehe.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.4.2023, 2 U 43/22, PM 26/23

Mietende: Kündigung: Einwurf in Briefkasten um 22:30 Uhr ist zu spät

Eine schriftliche Kündigung eines Wohnraummietvertrags geht nicht schon am dritten Werktag zu, wenn der Kündigende sie um 22:30 Uhr in den Briefkasten des Empfängers wirft und diesen mündlich über den Einwurf und den Inhalt informiert. So sieht es das Landgericht (LG) Krefeld.

Darüber stritten die Parteien

Die Parteien stritten nach beendetem Mietverhältnis über die Höhe der Kautionsrückzahlung. Der Vermieter meinte, er könne mit der Miete für Mai 2020 aufrechnen. Die Mieterin wandte ein, dass das Mietverhältnis bereits zum 30.4.2020 beendet war, ein Mietzahlungsanspruch für Mai 2020 somit nicht bestehe. Der Vermieter argumentierte, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 4.2.2020 erst zum Ablauf des 31.5.2020 beendet worden sei, da ihm die Kündigung erst am 5.2.2020 zugegangen sei. Bei dem unstreitigen Einwurf des Briefes am 4.2.2020 um 22:30 Uhr sei nicht mehr mit einer Entnahme am selben Tag, sondern erst am darauffolgenden Tag zu rechnen gewesen. Die Mieterin entgegnete, sie habe den Vermieter unmittelbar vor Einwurf der Kündigung in den Briefkasten über die Gegensprechanlage über den bevorstehenden Einwurf informiert, was dieser bestritt.

Amtsgericht und Landgericht einig

Das Amtsgericht (AG) gab dem Vermieter Recht. Das LG bestätigt dessen Urteil. Der Vermieter habe gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Mieterin mit seiner Mietzahlungsforderung für Mai 2020 wirksam aufgerechnet. Das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 4.2.2020 erst zum Ablauf des 31.5.2020 beendet worden.

Kündigung kam zu spät: Kenntnisnahme war nicht mehr möglich

Die Kündigung sei spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, wobei die Wirksamkeit der Kündigungserklärung vor allem deren Zugang voraussetzt. Vorliegend sei die Kündigung erst am 5.2.2020 und damit am vierten Werktag des Monats zugegangen, sodass das Mietverhältnis erst zum Ablauf des 31.5.2020 beendet gewesen sei. Durch den Einwurf der Kündigungserklärung am 4.2.2020 um 22:30 Uhr in den Briefkasten der Wohnung des Vermieters sei diese in den Machtbereich des Vermieters gelangt. Wann unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme vom Inhalt der Erklärung durch den Vermieter zu rechnen gewesen sei, richte sich danach, wann nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit der Leerung des Briefkastens durch ihn zu rechnen war. Dabei sei nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren. Nur bis um 18:00 Uhr in den Briefkasten eingeworfene Briefe gelten demnach als noch am selben Tag zugegangen.

Quelle: LG Krefeld, Urteil vom 21.9.2022, 2 S 27/21

Mietminderung: Wenn es aus der Nachbarwohnung riecht

Dringen durch Öffnungen, Risse usw. in der Decke einer Wohnung Kochgerüche in das Schlafzimmer der darüber liegenden Wohnung, kann der Mieter der oberhalb liegenden Wohnung die Behebung dieses baulichen Mangels verlangen und bis zur erfolgten Mangelbeseitigung die Miete um 10 Prozent mindern. So sieht es das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte.

Das AG: Die Verbreitung von Küchengerüchen allein stellt noch keinen Mietmangel dar. Dieser sei jedoch zu bejahen, wenn es sich um eine erhebliche oder durchgängige Belastung des Geruchsempfindens handle.

Die eindringenden Gerüche störten insbesondere die Nachtruhe, da der Nutzer der unteren Wohnung sehr häufig zur Nachtzeit kochte. Die Gerüche seien so intensiv, „als würde man direkt neben dem Herd stehen“. Auch die von dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen vorgenommene Nebelprobe habe „eine deutliche bzw. erhebliche Undichtigkeit der Geschossdecke“ gezeigt. Es liege eine besonders intensive Beeinträchtigung des Mietgebrauchs vor, wenn man den Gerüchen „machtlos, nicht vorhersehbar (und) während der Ruhezeiten ausgesetzt“ sei. Angesichts der Tatsache, dass die Belästigung nicht durchgängig, sondern nur temporär erfolge und nur im Schlafzimmer, allerdings dort „sehr massiv“, sei eine Mietminderung in Höhe von 10 Prozent angemessen.

Quelle: AG Berlin-Mitte, Urteil vom 13.10.2022, 122 C 156/219

WEG-Beschlussfassung: Bestellung eines Verwalters setzt konkreten Tagesordnungspunkt voraus

Ein Tagesordnungspunkt „Bestellung der Verwaltung: interne Verwaltung – externe Verwaltung“ deckt die Bestellung eines konkreten Wohnungseigentümers zum Verwalter auch dann nicht, wenn sie in einer Vollversammlung erfolgt. So sieht es das Amtsgericht (AG) Essen-Steele.

Verwalterbestellung angefochten

Dieser Tagesordnungspunkt war Gegenstand eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Versammlungsniederschrift wurde dokumentiert, dass mehrheitlich einer der Wohnungseigentümer über fünf Jahre zum Verwalter bestellt wurde. Die Anfechtung der Verwalterbestellung hatte Erfolg. Der Beschluss sei wegen eines formellen Mangels ungültig, so das AG.

So konkret muss die Einladung sein

Der Gegenstand der Beschlussfassung muss bei der Einberufung der Eigentümerversammlung aufgeführt werden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Tagesordnungspunkte und die vorgesehenen Beschlüsse so genau bezeichnet werden, dass die Wohnungseigentümer verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen der Beschluss auf die Gemeinschaft und sie selbst hat. In der Regel genügt dazu jedenfalls bei einfachen Sachverhalten eine schlagwortartige Bezeichnung, so das AG. Die Wohnungseigentümer haben auch mit naheliegenden, mit der Bezeichnung eng verbundenen Beschlüssen zu rechnen. Je bedeutsamer der Gegenstand der Beschlussfassung für die einzelnen Wohnungseigentümer ist, desto genauer ist er in der Einladung zu bezeichnen.

Im vorliegenden Fall genügte der gemeinsam verfasste o. g. Tagesordnungspunkt mit Blick auf die insoweit fast überraschende protokollierte Beschlussfassung diesen Vorgaben nicht. Weil über die zentrale Funktion in der Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden werden sollte, also eine bedeutsame Entscheidung anstand, wäre eine konkrete Fassung des Tagesordnungspunkts erforderlich gewesen.

Quelle: AG Essen-Steele, Urteil vom 3.5.2023, 21 C 21/22

WEG: Kein Anspruch auf Balkonkraftwerk

Die Wohnungseigentümer haben keinen Anspruch auf die Genehmigung einer Mini-Solaranlage am Balkon (Balkonkraftwerk). So hat es das Amtsgericht (AG) Konstanz entschieden.

Das war geschehen

Die Anlage besteht aus über 30 Wohnungen. Die beiden Eigentümerinnen einer Wohnung vermieteten diese an ihren Sohn bzw. Enkel. Dieser montierte mit ihrer Zustimmung, jedoch ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer, an der Außenseite des Balkons eine Mini-Solaranlage, ein sog. „Balkonkraftwerk“ Das Modul hatte eine Fläche von 168 cm x 100 cm und war an einen Wechselrichter angeschlossen.

In einer Eigentümerversammlung beschloss die Gemeinschaft im Anschluss mehrheitlich: „Der Verwalter wird ermächtigt und beauftragt, alle rechtlichen Mittel gegen die rechtswidrigen baulichen Veränderungen (Aufhängen von Sonnenkollektoren an Balkonbrüstungen) durch die Eigentümer X und Y/Z zu ergreifen.“ Ferner stimmten die Eigentümer mehrheitlich gegen die Genehmigung des Balkonkraftwerks der beiden Eigentümerinnen. Diese fochten die Beschlüsse an.

Es lag eine Veränderungssperre vor

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der angefochtene Negativbeschluss verstoße weder gegen die ordnungsmäßige Verwaltung noch sonst gegen Gesetze. Es bestehe kein Anspruch auf Genehmigung des Balkonkraftwerks. Das Gesetz (hier: § 20 Abs. 1 WEG) enthalte eine sog. Bausperre für bauliche Veränderungen ohne Zustimmung der Eigentümer. Eine solche Veränderung stelle die Montage einer Photovoltaikanlage dar. Ein Eingriff in die Substanz sei hierzu nicht erforderlich. Die Anlage sei daher illegal angebracht worden.

Es bestehe auch keine sog. „Ermessensreduzierung auf Null“, die Zustimmung zu der Anlage sei also nicht die einzig vertretbare Möglichkeit: Es sei auch irrelevant, dass die Wohnanlage (nicht) grundlegend umgestaltet werde oder einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen (nicht) unbillig benachteiligt werden. § 20 Abs. 4 WEG solle nicht den veränderungswilligen Eigentümer unterstützen, sondern stelle im Gegenteil eine Veränderungssperre dar, wann eine bauliche Umgestaltung keinesfalls erfolgen dürfe.

Quelle: AG Konstanz, Urteil vom 9.2.2023, 4 C 425/22

Mietvertrag: Nutzung als Arbeitszimmer führt nicht zu einem Gewerbezuschlag

Ein Mietzuschlag für eine gewerbliche Nutzung der Wohnung kann nicht wirksam für Tätigkeiten vereinbart werden, die ohnehin vom Wohngebrauch gedeckt sind, z. B. für die Nutzung als Arbeitszimmer. So hat es das Landgericht (LG) Berlin entschieden.

Der Mietvertrag über eine Wohnung im Anwendungsbereich der Mietenbegrenzungsverordnung (MietBegrV) Berlin 2020 war als „Wohnungsmietvertrag mit teilgewerblicher Nutzung“ überschrieben. Die Vermieterin hatte den Mietern gestattet, eine im Einzelnen bezeichnete Fläche als Büroraum zu nutzen, wobei diese Nutzung von vornherein nur mit einem geringen und vereinzelten Kundenverkehr verbunden sein durfte. Das Anbringen von Firmenschildern bedurfte einer Genehmigung. Vereinbart war eine Staffelmiete, die einen Gewerbezuschlag beinhaltete und in dieser Höhe die zulässige Gesamtnettokaltmiete überschritt.

Die Klage der Mieter auf Rückzahlung entsprechend überzahlter Nettokaltmieten hatte vor dem Amtsgericht (AG) Berlin-Pankow keinen Erfolg. Das LG änderte das Urteil des AG aber. Zwar könne eine Erweiterung der vertraglichen Nutzungsbefugnisse des Mieters wie etwa eine Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung einen Zuschlag zu der in einem Mietspiegel üblicherweise für die reine Wohnraumnutzung ausgewiesenen Nettokaltmiete im Einzelfall rechtfertigen. (Mindest-)Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die erlaubte Nutzung überhaupt über das hinausgeht, was nicht ohnehin schon unter den Begriff des „Wohnens“ fällt und deshalb von vornherein keiner Erlaubnis bedarf.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) fallen berufliche Tätigkeiten, die der Mieter etwa im häuslichen Arbeitszimmer ausübt, ohne dass sie nach außen in Erscheinung treten, nach der Verkehrsanschauung unter den Begriff des „Wohnens“. Das LG: Es könne dahinstehen, ob die Mieterin als freiberufliche Architektin in den Räumlichkeiten tätig werden wollte bzw. ob eine teilgewerbliche Nutzung zwischen den Parteien vereinbart wurde. Die Tätigkeit, die Gegenstand der Erlaubnis ist, bedürfe die Maßstäbe des BGH zugrunde gelegt bereits keiner Erlaubnis des Vermieters.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 13.9.2022, 65 S 74/22

Vertragsgemäßer Gebrauch: Anlocken von Vögeln auf dem Balkon kann untersagt werden

Wenn durch das Auslegen von Futter oder das Aufstellen eines Vogelhäuschens auf dem Balkon Singvögel angelockt werden und dadurch die Balkone, Markisen und Fensterbretter der Nachbarn erheblich verunreinigt werden, ist die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten. Das hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. nun klargestellt.

Die Mieterin stellte auf dem Balkon der Wohnung ein Vogelhäuschen mit Futter auf. Hierdurch wurden Vögel angelockt, die den darunterliegenden Balkon und dessen Markise mit Futterresten und Vogelkot verunreinigten. Darüber beschwerte sich die betroffene Nachbarin. Nach mehreren erfolglosen Abmahnungen erhob sie eine Unterlassungsklage mit Erfolg. Die Nachbarin habe gegenüber der Mieterin einen Anspruch auf Unterlassung, Vogelfutter auf dem Balkon auszulegen und ein Vogelhäuschen aufzustellen.

Der Mieter müsse im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs darauf achten, Treppenhäuser, Zugänge und Außengeländer frei von nicht in dem Haus geduldeten Tieren zu halten. Das Anfüttern und Anlocken von Tieren stehe dem entgegen. Wenn durch das Auslegen von Futter oder das Aufstellen eines Vogelhäuschens auf dem Balkon Singvögel angelockt werden und es dadurch zu einer erhöhten Verunreinigung des Balkons, der Fensterbretter sowie des näheren Umfelds wozu auch die Balkone der benachbarten Wohnungen und gegebenenfalls die dort angebrachten Markisen gehören komme, sei die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten.

Quelle: AG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.2.2022, 33 C 3812/21

Dachterrassenerweiterung: WEG-Beschluss muss Maßnahmen konkret nennen

Der Beschluss über die Genehmigung der Erweiterung einer Dachterrasse ist zu unbestimmt, wenn nicht ersichtlich ist, welche konkreten Veränderungen hiermit genehmigt werden, insbesondere im Hinblick auf die optische Gestaltung der Dachterrasse, der Außenbegrenzung sowie auch hinsichtlich des konkreten Ausmaßes der Erweiterung. So hat es das Amtsgericht (AG) Bonn entschieden.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) beschloss mehrheitlich Folgendes: „Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt die Erweiterung der Dachterrasse. Die Genehmigung durch die Verwaltung kann den Miteigentümern erteilt werden, wenn die folgenden Vorgaben erfüllt werden: Vor Genehmigung durch die Verwaltung ist eine Baugenehmigung vorzulegen. Die Installation erfolgt auf Veranlassung des Sondereigentümers zu dessen Lasten. Für die Erweiterung der Dachterrasse ist eine Beseitigung des vorhandenen Kieses erforderIich. Die Erweiterung der Dachterrasse hat sach- und fachgerecht durch ein Fachunternehmen unter größtmögIicher Schonung des gemeinschaftlichen Eigentums, hier insbesondere die Abdichtung der Dachfläche, zu erfolgen. … Der Eigentümer bzw. Rechtsnachfolger ist verpflichtet, die Installation jeweils ordnungsgemäß instand zu halten. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, entweder im Wege der Ersatzvornahme das Erforderliche veranlassen oder aber den Rückbau und die ordnungsgemäße Wiedererrichtung des ursprünglichen Zustands verlangen.“

Ein Wohnungseigentümer hatte den Beschluss wegen Unbestimmtheit angefochten. Seine Klage vor dem AG hatte Erfolg. Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, vor allem weil ein Sonderrechtsnachfolger an die Beschlüsse gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es besteht ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung entnehmen zu können. Die Eigentümerbeschlüsse müssen „aus sich heraus“ auszulegen sein und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind.

Soweit die Gemeinschaft die Erweiterung der Dachterrasse genehmigt hat, ist der Beschluss nach Ansicht des AG zu unbestimmt, da nicht ersichtlich ist, welche konkreten Veränderungen hiermit genehmigt werden. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die optische Gestaltung der Dachterrasse, wie etwa die Außenbegrenzung sowie auch das konkrete Ausmaß der Erweiterung. Insoweit wird die Erweiterung der Dachterrasse genehmigt, ohne konkret zu bezeichnen, welche Bereiche des Dachs von dieser Genehmigung erfasst sein sollen.

Quelle: AG Bonn, Urteil vom 1.4.2022, 210 C 44/21