Mängelbeseitigung: Sachverständigenkosten gehören zum Schadenersatz

Liegt ein Planungs- oder Bauüberwachungsmangel vor, sind nicht nur die baulichen Aufwendungen Bestandteil des Schadenersatzanspruchs sondern auch die Kosten, die ein Sachverständiger für Planung und Überwachung der Mängelbeseitigung bekommt. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschieden.

Das OLG stellte klar: Der Anspruch auf Schadenersatz betrifft den gesamten Ersatz des zur Mängelbeseitigung „erforderlichen“ bzw. „notwendigen“ finanziellen Aufwands. Das bedeutet: Er umfasst alle Kosten, die erforderlich sind, um die Mängel fachgerecht zu beseitigen. Die Entscheidung ist rechtskräftig, weil der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat.

Quelle: OLG Dresden, Urteil vom 23.7.2020, 10 U 1863/19

Bietergespräch: Angabe von Produkten und Typen ist verbindlich

Viele Ausschreibungen erfolgen produktneutral, um den Wettbewerb nicht einzuschränken. Daher kommt es bei Bieterverhandlungen zur Klärung der angebotenen Produkte und Typen. Nennt der Bieter in seinem Angebot konkrete Produkte und Typen von Baustoffen und Bauteilen, sind diese Angaben vertragsrelevant. So hat es jetzt die Vergabekammer (VK) Sachsen festgestellt.

Folge: Der Bieter kann später nicht ohne Zustimmung des Auftraggebers von dieser Verabredung im Aufklärungsgespräch abweichen. Diese Vorgabe gilt generell. Sie betrifft auch Bauteile und Materialien, deren Festlegung für die Funktionalität und Gestaltung erforderlich ist. (VK Sachsen, Beschluss vom 17.3.2021, 1/SVK/031-20)

Vertragsrecht: BGH verneint dauerhaftes Zugangsrecht zum Bauwerk zur Erstellung von Fotos

In etlichen Musterverträgen von Architekten findet sich eine Klausel, nach der Auftragnehmer berechtigt sind, auch nach dem Ende des Vertrags das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass diese Klausel nichtig ist.

Der BGH: Die Klausel benachteiligt den Vertragspartner des Architekten unangemessen. (BGH, Urteil vom 29.4.2021, I ZR 193/20)

Leistungsphase 8: Bedenkenhinweis auch mündlich möglich

Ausführende Unternehmen müssen eine schriftliche Meldung beim Auftraggeber einreichen, wenn sie Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung bzw. gegen die Planungsvorgaben haben. So sieht es die „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen“ vor (§ 4 Abs. 3 VOB/B). Jetzt hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg entschieden: Auch eine mündliche Bedenkenanmeldung kann wirksam sein.

Das OLG: Seiner Bedenkenhinweispflicht nach VOB/B kommt der Auftragnehmer nur nach, wenn er die nachteiligen Folgen und sich daraus ergebende Gefahren der unzureichenden Planungsvorgaben konkret darlegt, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung bzw. der angemeldeten Bedenken hinreichend verdeutlicht wird. Der Bedenkenhinweis muss zwar schriftlich erteilt werden, was aber nicht bedeutet, dass ein mündlicher Hinweis unerheblich ist. Vielmehr reicht dieser aus, wenn er eindeutig, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend ist. (OLG Brandenburg, Urteil vom 29.7.2021, 12 U 230/20)

Schwarzarbeit: Haftung eines Dachdeckers bei Dachstuhlbrand

Das Landgericht (LG) Koblenz hat die Klage einer Versicherung abgewiesen, die zwei „schwarz“ beschäftigte Dachdecker wegen Sorgfaltspflichtverletzungen beim Ausführen der Arbeiten in Anspruch nehmen wollte. Die Dachdecker müssen nicht für den Dachstuhlbrand haften. Grund: Zum einen handelte es sich um Schwarzarbeit und der Vertrag war somit rechtswidrig. Zum anderen stellte das LG keine Fehler in der Ausführung der Arbeiten fest, die zum Brand führten.

Sachverhalt

Die beiden Beklagten führten im Juli 2016 Dacharbeiten an einem Gebäude aus und verlegten hierbei unter anderem Schweißbahnen, indem sie diese mit einem Schweißbrenner verklebten. Am Abend gegen 21.00 Uhr kam es zu einem Dachstuhlbrand an diesem Gebäude. Die Klägerin kam als Gebäudeversicherer für die Feuerschäden auf. Sie nimmt die beiden Beklagten wegen Sorgfaltspflichtverletzungen bei Ausführung der Arbeiten für die von ihr gezahlte Versicherungssumme in Höhe von knapp 70.000 Euro in Regress, da sie der Ansicht ist, dass die Beklagten das Dach weder ausreichend mit feuerfesten Abdeckungen geschützt noch eine ausreichende Brandwache gehalten hätten.

Schwarzarbeit führt zur Nichtigkeit von Verträgen

Das LG hat die Klage abgewiesen, da es sich nicht davon überzeugen konnte, dass die Beklagten den Dachstuhlbrand schuldhaft verursachten, ihnen also Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last zu legen sei. Etwaige vertragliche Schadenersatzansprüche kamen schon deshalb nicht in Betracht, da es sich um sogenannte Schwarzarbeit handelte. Auch eine deliktische Haftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 823 BGB) sah das LG nicht als erwiesen an. Zwar hatte es keinen Zweifel daran, dass der Dachstuhlbrand durch die Arbeiten der Beklagten mit dem Schweißbrenner verursacht wurde, da keine ernsthaften Alternativursachen ersichtlich waren. Auch verstieß die Ausführung der Arbeiten gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik, da die gewählte Art nur für Flachdächer geeignet gewesen ist und nicht für Steildächer.

Ausdrücklicher Wunsch des Gebäudeinhabers

Diese Abweichung in der Ausführungsart war jedoch zum einen nicht ursächlich für die Entstehung des Brands. Zum anderen handelte es sich bei der gewählten Ausführungsart um den ausdrücklichen Wunsch des Gebäudeinhabers, der selbst berufsbedingt fachkundig war. Wenn ein Fachkundiger zur Kostenersparnis selbst die Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik wünscht, können weder er noch seine Versicherung sich jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB nachher bei Haftungsfragen auf diese abweichende Ausführungsart berufen.

Landgericht sah keine Verletzung von Sicherheitsvorschriften

Eine Verletzung der Sicherheitsvorschriften der Berufsgenossenschaft über Brandschutz bei feuergefährlichen Arbeiten durch die Beklagten konnte dagegen nicht festgestellt werden. Allein die Entstehung des Brands ist als Nachweis nicht geeignet, da selbst bei Einhaltung dieser Vorschriften die Entstehung eines Brands nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht sicher vermieden werden kann. Durch die bereits vorhandenen alten Dachbahnen und die überlappenden Dachschindeln lag nach dessen Feststellungen bereits ein mehrlagiger Schutz der Dachschalung gegen die Flamme des Schweißgeräts vor. Löcher in den unteren Schichten seien leicht sichtbar und müssten entsprechend zunächst nachgearbeitet werden. (LG Koblenz, Urteil vom 2.8.2021, 1 O 234/17, PM vom 15.9.2021)

Vertragsrecht: Energieberater ist (nur) ein Dienstleister

Die Rechtsnatur eines Vertrags zur Energieberatung oder zur Fördermittelberatung ist ein Dienst- und kein Werkvertrag. Das korrekte Ausfüllen der Antragsformulare zur Erlangung von Fördermitteln ist in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung die Aufgabe des Auftraggebers. Diese zwei Dinge hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle jetzt klargestellt.

Ein Auftraggeber hatte für sein Bauvorhaben u. a. keine Fördermittel erhalten, weil der Architekt im Förderantrag falsche Angaben zur Mitarbeiterzahl eingetragen hatte, die der Energieberater nicht geprüft hatte. Der Auftraggeber wollte dafür den Energieberater haftbar machen. Er warf ihm die Verletzung von Beratungspflichten vor. Das machte das OLG aber nicht mit. Es wertete den Vertrag zwischen Architekt und Energieberater als Dienstleistungsvertrag. Der Energieberater schuldete damit keinen Erfolg seiner Beratung.

Die Rechtsnatur eines Vertrags zur Energieberatung oder zur Fördermittelberatung stufte schon der Bundesgerichtshof (BGH) als „neue Dienstleistungsberufe“ ein, deren Berufsbild überwiegend gesetzlich bisher nicht geregelt sei. Auch das OLG Celle sah es in einer älteren Entscheidung bereits ähnlich: “Wer es übernimmt, über die Möglichkeiten der energetischen Modernisierung eines Objekts zu beraten, dazu Wirtschaftlichkeitsberechnungen anzustellen und Fördermittelberatung sowie Hilfestellung bei der Beantragung möglicher Fördermittel zu erbringen, schuldet letztlich in Bezug auf die Fördermittelberatung keinen Erfolg; es handelt sich nicht um einen Werkvertrag, sondern lediglich um eine Dienstleistung im Sinne einer fachlichen Beratung“. (OLG Celle, Urteil vom 30.6.2021, 14 U 188/19)

Öffentliche Aufträge: Das ist im Hinblick auf „auskömmliche Angebote“ zu prüfen

Lobt ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag aus, muss er selbst prüfen, ob das angebotene Honorar auskömmlich ist. Er darf sich nicht auf die Behauptung des Mindestbieters verlassen, seine Angebotspreise seien auskömmlich. Das hat die Vergabekammer (VK) Bund bei einer Ausschreibung von Building Information Modeling-Leistungen (BIM-Leistungen) festgestellt.

BIM ist die Grundlage für die digitale Transformation im Architekten-, Ingenieur- und Bauwesen. Es soll die Kommunikation zwischen Projektbeteiligten vereinfachen. Die Planung soll transparenter gestaltet und eine höhere Planungs-, Termin- und Kostensicherheit erreicht werden. Im Fall, den die VK bewerten musste, lag das preislich günstigste Angebot weit unter den Preisen der nächsten Anbieter. Ein Bieter hatte deshalb die vorgesehene Vergabe an den Mindestbieter gerügt. Der Auslober ließ sich daraufhin die kalkulatorischen Grundlagen des Mindestbieters erläutern und kam zum Ergebnis, dass der sehr günstige Angebotspreis angemessen war. Das zog eine neuerliche Rüge nach sich. Die VK gab dem Auslober den Hinweis, dass er sich selbst um die Frage der Angemessenheit kümmern müsse und sich nicht einfach auf eine entsprechende Erklärung des Mindestbieters verlassen dürfe. Das tat der Auslober dann auch. Er hat sich selbst mit der Kalkulation befasst und kam aufgrund eigener Meinungsbildung zum Ergebnis, dass die Angebotspreise auskömmlich sind. Das hat die VK akzeptiert. (VK Bund, Beschluss vom 8.2.2021, VK B 2-17/20)

Baugenehmigung: Vermietung einer Wohnung zur Nutzung durch ständig wechselnde Gäste ist genehmigungspflichtig

Wird eine Wohnung zur kurzfristigen Nutzung durch ständig wechselnde Gäste (sog. „Boardinghouse“) vermietet, liegt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Das hat jetzt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden.

Dabei, so das OVG, ist es unerheblich, ob eine kurzfristige Vermietung unmittelbar an ständig wechselnde Gäste oder eine langfristige Vermietung an ein Unternehmen erfolgt, das seinerseits ständig wechselnde Personen dort unterbringt.

Es besteht aufgrund der Nutzungsänderung Genehmigungspflicht, weil das öffentliche Baurecht an diese neue gewerbliche Nutzung andere Anforderungen stellt als an eine reine Wohnnutzung. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zusätzlich zu prüfen wäre insbesondere, ob sich die gewerbliche Nutzung mit den Ansprüchen der Nachbarn auf Erhaltung der im reinen Wohngebiet besonders geschützten Wohnruhe verträgt. Ein ständiger Gästewechsel im Tage- oder Wochenrhythmus ist, so das OVG, jedenfalls in einem Mehrfamilienhaus und angesichts der bereits vorliegenden Nachbarbeschwerde kritisch zu betrachten. (OVG Lüneburg, Beschluss vom 26.7.2021, 1 LA 58/21)

Haftung: Wie weit haftet der Auftraggeber, wenn er sich über Bedenken des Planers hinwegsetzt?

Nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock musste der Auftraggeber mit nur 50 Prozent haften, nachdem er sich über die Bedenken des Ingenieurs hinweggesetzt hatte. Aber ist dies stets so oder kommt der Planer auch ohne eigene Haftung aus solchen Fallkonstellationen heraus?

Im Fall des OLG hatte der Ingenieur den Auftraggeber schriftlich darauf hingewiesen, dass die Bauleistung nicht wie im Vertrag vereinbart realisierbar war. Zugleich machte er Vorschläge für zusätzlich notwendige Maßnahmen. Doch der Auftraggeber wollte das Bauvorhaben unverändert fortführen lassen. Es kam zu Schäden.

Doch der Ingenieur haftete nur, weil ihm selbst einige Planungsfehler unterlaufen waren. Das OLG attestierte ihm an den Schäden ein 50-prozentiges Mitverschulden. Der Auftraggeber hätte aber wohl mit 100 Prozent gehaftet, wenn dem Planer nicht selbst einige Fehler unterlaufen wären.

Dieses schon etwas ältere Urteil ist nun aufgrund einer aktuellen BGH-Entscheidung (sog. Nichtzulassungsbeschluss) rechtskräftig. (BGH, Beschluss vom 10.2.2021, VII ZR 109/18; OLG Rostock, Urteil vom 10.4.2018, 4 U 110/10)

Architektenhaftung: Wann haftet der Architekt bei unwirtschaftlicher Sanierung?

Der Architekt muss in Kostenschätzung und -berechnung die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Auftraggebers beachten. Dieser Grundsatz besteht seit vielen Jahren. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat dazu eine ergänzende Beratungspflicht formuliert: Bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass mit wesentlichen Kostensteigerungen zu rechnen ist, soll der Architekt den Auftraggeber rechtzeitig vor Investitionsentscheidung informieren.

Das OLG: Diese Beratungspflicht geht jedoch nicht so weit, dass z. B. bei einer Modernisierungsmaßnahme alle Einzelheiten erwähnt werden müssen, die Kostensteigerungen (z. B. wegen Gebäudeschäden) auslösen können. Wirtschaftlich unbedeutende Kostengruppen sind von der Beratungspflicht nicht betroffen Kostengruppen, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen relevant sind, dafür umso mehr. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.4.2020, 8 U 92/18)