Betriebserlaubnis: Schon ansässiges erlaubtes Glücksspielangebot in einem Gebäudekomplex ist privilegiert

Die Ansiedlung von Stellen zur Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäudekomplex, in dem sich bereits eine glücksspielrechtlich erlaubte Spielhalle oder Spielbank befindet, ist unzulässig. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf mit zwei Urteilen entschieden und damit die Klagen einer Veranstalterin von Sportwetten und einer Wettvermittlerin abgewiesen.

Wenn Spielhalle oder Spielbank vorhanden ist, sind keine Sportwetten möglich

Seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 dürfen konzessionierte Wettveranstalter in Deutschland Sportwetten über stationäre Wettvermittlungsstellen anbieten. Für den Betrieb einer stationären Wettvermittlungsstelle bedarf es einer Erlaubnis. Gesetzlich vorgesehen ist zudem, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen.

Trennungsgebot

Unter Berufung auf dieses sog. Trennungsgebot lehnte die Bezirksregierung Düsseldorf den Antrag einer Wettveranstalterin und einer Wettvermittlerin auf Erteilung einer Betriebserlaubnis in Mülheim/Ruhr ab. Das VG hat diese Bescheide in ihren Urteilen bestätigt und ausgeführt: Das Trennungsgebot begründet grundsätzlich keine einseitige Privilegierung von Spielhallen bzw. Spielbanken gegenüber Wettvermittlungsstellen.

Vielmehr setzt sich im Fall des Zusammentreffens der unterschiedlichen Glücksspielangebote in einem Gebäude oder Gebäudekomplex regelmäßig das am jeweiligen Standort bereits ansässige glücksspielrechtlich erlaubte Spielangebot gegenüber der hinzutretenden Glücksspielstätte durch, unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine Spielhalle bzw. Spielbank oder eine Wettvermittlungsstelle handelt.

Gemeinwohl überwiegt

Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen das Trennungsgebot bestehen nicht. Denn das Gemeinwohlziel, einem übermäßigen Spieltrieb zu begegnen, indem der unmittelbare Kontakt zwischen den verschiedenen Glücksspielarten in räumlicher Nähe vermieden wird, ist von überragender Bedeutung. Demgegenüber tritt der Eingriff in die Rechte von Wettveranstaltern und Wettvermittlern zurück.

Gegen die Urteile kann jeweils die Zulassung der Berufung beantragt werden, über die das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.

Quelle: VG Düsseldorf, Urteile vom 4.10.2023, 3 K 7177/21 und 3 K 7178/21, PM vom 4.10.2023

Aktuelle Gesetzgebung: Ersatzbaustoffverordnung: neue Vorgaben seit 1.8.2023

Seit dem 1.8.2023 wurden erstmals die Vorgaben der Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV) für die Verwertung mineralischer Abfälle wie Bodenaushub, Bauschutt oder Schlacken deutschlandweit vereinheitlicht. Die Regelungen gewährleisten einen einheitlich hohen Umweltschutzstandard, geben Herstellern sowie Verwendern Rechtssicherheit und machen damit Ersatzbaustoffe für Bauvorhaben künftig noch attraktiver. So werden der Verbrauch an Primärbaustoffen reduziert und natürliche Ressourcen und das Klima geschont.

Mit der neuen ErsatzbaustoffV will das Bundesumweltministerium (BMU) weiter in Richtung Kreislaufwirtschaft im Bausektor vorangehen. So sollen die „Kleinstaaterei“ bei der Frage der recycelten Baustoffe beendet und bundesweit einheitliche Regeln erschaffen werden.

Hohes Abfallaufkommen mit großem Recycling-Potenzial

Mineralische Abfälle sind massebezogen der größte Abfallstrom in Deutschland. Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 250 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an, wie zum Beispiel Bau- und Abbruchabfälle (Bauschutt), Bodenmaterial (z. B. ausgehobene Erde), Schlacken aus der Metallerzeugung und Aschen aus thermischen Prozessen. Das sind etwa 60 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland. In mineralischen Abfällen steckt ein enormes Recycling-Potenzial, weil diese zu hochwertigen mineralischen Ersatzbaustoffen aufbereitet werden können. Diese Recycling-Baustoffe kommen schon heute an vielen Stellen zum Einsatz, vor allem bei sogenannten technischen Bauwerken, also beim Bau von Straßen, Bahnstrecken, befestigten Flächen, Leitungsgräben, Lärm- und Sichtschutzwällen oder im Hochbau als Recycling-Beton. Die stetig zunehmende Bauaktivität in Deutschland verbraucht Ressourcen und macht es erforderlich, das hochwertige Recycling von Baustoffen zu fördern. Je mehr vorhandene Recycling-Potenziale genutzt werden, desto mehr werden wertvolle Ressourcen gesichert und die Wirtschaft in Deutschland unabhängiger von Importen gemacht.

Rechtsgrundlagen angepasst

Um die Nachfrage nach Ersatzbaustoffen durch rechtsverbindliche Qualitätsstandards bundesweit zu vereinheitlichen und zu stärken, wurde im Jahr 2021 die Ersatzbaustoffverordnung beschlossen. Unmittelbar mit dem Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung tritt auch eine erste Änderung in Kraft. Mit der ersten Änderung werden für den Vollzug wichtige Details angepasst, wie die Aufnahme von Kriterien zur Anerkennung sogenannter Güteüberwachungsgemeinschaften. Damit wird die Gütesicherung der hergestellten Ersatzbaustoffe gestärkt.

Bauherren, die sich bisher mit den spezifischen Regelungen der Bundesländer auseinandersetzen und ggf. eine wasserrechtliche Erlaubnis beantragen mussten, können nun qualitätsgeprüfte Ersatzbaustoffe rechtssicher ohne wasserrechtliche Erlaubnis bundesweit verwenden.

Quelle: Verordnung zur Änderung der Ersatzbaustoffverordnung und der Brennstoffwechsel-Gasmangellage-Verordnung, BGBl. 2023 I Nr. 186 vom 18.7.2023

Glücksspielrecht: Mindestabstandsgebot für Wettvermittlungsstellen

Die Regelung im Landesglücksspielgesetz, wonach Wettvermittlungsstellen einen Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, einhalten müssen, ist mit Unionsrecht vereinbar. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in einem Eilverfahren.

Aufsichtsbehörde verlangte Mindestabstand zu Nachhilfeeinrichtung

Die Antragstellerin möchte in Zweibrücken eine Wettvermittlungsstelle weiterbetreiben. Ihren Antrag auf Verlängerung der ihr befristet erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis lehnte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) mit der Begründung ab, dass der gesetzliche Mindestabstand zu einer Nachhilfeeinrichtung, die auch von Minderjährigen besucht werde, nicht eingehalten sei. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und stellte beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße einen Eilantrag, den Betrieb der Wettvermittlungsstelle vorübergehend weiter zu dulden, insbesondere keine Maßnahmen einzuleiten, die auf eine Schließung des Betriebs abzielen. Das Verwaltungsgericht (VG) lehnte den Eilantrag ab. Ihre hiergegen eingelegte Beschwerde wies das OVG zurück.

Die für den Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis dürfe nach dem Landesglücksspielgesetz Rheinland-Pfalz (LGlüG) nur erteilt werden, wenn die Wettvermittlungsstelle unter anderem einen Mindestabstand von 250 Metern zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht werde, nicht unterschreite. Die Voraussetzungen dieser Mindestabstandsregelung lägen nicht vor. Die Regelung sei auch nicht wie von der Antragstellerin geltend gemacht aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar. Insbesondere ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot sei nicht feststellbar.

EuGH: Verbraucherschutz geht vor

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) könnten nämlich solche Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses, wie den Schutz der Verbraucher, die Betrugsvorbeugung oder die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein. Die restriktive Maßnahme müsse allerdings geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.

Das OVG teile die Auffassung des Verwaltungsgerichts (VG), dass das Abstandsgebot dem Spieler- und Jugendschutz diene, da Sportwettangebote besonders auch für Kinder und Jugendliche ein hohes Gefährdungspotenzial hätten und damit eine örtliche Begrenzung des Angebots erreicht werden könne, um Glücksspielsucht bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern und zu bekämpfen. Das mit dem Abstandsgebot verfolgte Ziel der Spielsuchtbekämpfung und des Jugendschutzes werde durch Ausnahmen in anderen Bereichen des Glücksspielrechts, insbesondere für Lotto-Annahmestellen und Bestandsspielhallen, nicht derart konterkariert, dass eine kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele nicht mehr vorliege.

Im Unterschied zu Wettvermittlungsstellen, in denen sich ausschließlich Kunden fänden, die Sportwetten abschließen möchten oder Wettergebnisse live über Bildschirme mitverfolgten, gingen in Lotto-Annahmestellen vor allem Kunden ein und aus, die mit gewöhnlichen, ihren Alltagsbedarf deckenden Bedürfnissen befasst seien. Aus diesem Grund komme dem Glücksspielangebot in Lotto-Annahmestellen wegen der dort bestehenden sozialen Kontrolle eine andere Qualität zu. Für Spielhallen sehe das Landesglücksspielgesetz mit 500 Metern einen doppelt so hohen Mindestabstand unter anderem zu Kinder- und Jugendeinrichtungen vor. Zwar habe der Gesetzgeber für bei Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes im Jahr 2012 bestehende Spielhallen eine großzügige Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2028 gewährt. Die Übergangsfrist konterkariere die Mindestabstandsregelung aber nicht, weil sie ausweislich der Gesetzesmaterialien letztmalig verlängert worden sei und nur für Bestandsspielhallen gelte.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.9.2023, 6 B 10622/23.OVG, PM 121/23

HOAI Leistungsphase 9: Leistungen können stillschweigend abgenommen werden

Die stillschweigende Abnahme einer Architektenleistung kann darin liegen, dass der Bauherr nach Fertigstellung der Leistung und nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nach Bezug des fertiggestellten Bauwerks keine Mängel der Architektenleistung rügt. Leistungen der Objektbetreuung werden nach Ablauf einer sechsmonatigen Prüffrist nach dem Ende der Leistungsphase 9 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) konkludent abgenommen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München mit rechtskräftiger Entscheidung festgestellt.

Das OLG hat außerdem klargestellt: Das arglistige Verschweigen eines Bauüberwachungsfehlers setzt das Bewusstsein voraus, dass die Leistung vertragswidrig erbracht wurde. Ein solcher Anschein besteht selbst bei schwerwiegenden Baumängeln nicht, wenn der Überwachungsfehler auf einfacher Nachlässigkeit beruhen kann.

Quelle: OLG München, Beschluss vom 23.3.2021, 28 U 5991/20 Bau

Baugenehmigung: Keine „Tiny“-Häuser im Landschaftsschutzgebiet

Der Betreiber eines Veranstaltungslokals in einem Landschaftsschutzgebiet darf dort vorerst keine Tiny-Häuser als Ferienhäuser errichten und auch weder ein Brauhaus noch einen Kiosk bauen. Einem gegen die Genehmigung des betreffenden Landkreises gerichteten Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig jetzt stattgegeben.

Das Veranstaltungslokal liegt in einem Landschaftsschutzgebiet sowie in einem sog. Fauna-Flora-Habitat (FFH). Diese Habitate bilden als Bestandteile von Natura 2000-Gebieten ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten für gefährdete Pflanzen- und Tierarten und ihre natürlichen Lebensräume innerhalb der Europäischen Union. Der Betreiber des Lokals verfolgt schon seit dem Jahr 2021 den Plan, seine Gastronomie um drei Tiny-Häuser für besonders umweltbewusste Urlauber bestimmte Minimalhäuser von je 35 m² Grundfläche zu erweitern.

Landkreis stimmte Erweiterung zu

Nachdem ihm der Landkreis zunächst positive Signale gesendet und auch bereits eine Fördersumme bewilligt hatte, verzögerte sich das Baugenehmigungsverfahren wegen umweltschutzrechtlicher Bedenken der Naturschutzbehörde des Landkreises sowie des Beratungsforstamts und privater Naturschutzverbände. Ein vom Landkreis kurzfristig in Auftrag gegebenes, naturschutzfachliches Gutachten kam indes zu dem Ergebnis, dass das Bauvorhaben das Schutzgebiet nur unwesentlich zu beeinträchtigen drohe. Daraufhin erteilte der Landkreis im März 2023 unter Auflagen sowie unter Befreiung von mehreren Verboten der Landschaftsschutzgebietsverordnung die begehrte Baugenehmigung. Der BUND legte als klageberechtigter Naturschutzverband beim Landkreis Widerspruch gegen das Vorhaben ein und stellte einen Eilantrag beim VG Braunschweig, welches den Betreiber des Veranstaltungslokals zum Verfahren beigeladen hat.

Verwaltungsgericht: Besondere Verträglichkeitsprüfung fehlte

Zur Begründung seiner Eilentscheidung führte das VG aus, die Entscheidungen des Landkreises seien nach der im Eilverfahren nur möglichen vorläufigen Prüfung rechtswidrig. Die Baugenehmigung sei voraussichtlich schon deswegen rechtswidrig, weil das Vorhaben in einem FFH-Gebiet liegt und der Landkreis daher nach Bundes- und Europarecht eine besondere Verträglichkeitsprüfung hätte durchführen müssen. Dies habe er nicht getan.

Landschaftsrechtliche Verbote übersehen, keine Alternativen geprüft

Das Bauvorhaben verstoße voraussichtlich außerdem gegen verschiedene Vorschriften der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet, insbesondere gegen das Verbot, dort keine „nicht privilegierten baulichen Anlagen“ zu errichten. Darunter falle auch das geplante Vorhaben mit einer Erweiterung des vorhandenen Baubestands um mehr als ein Drittel und einer Erhöhung der Schlafplätze um mehr als das Doppelte. Insbesondere genüge es nicht, dass der Landkreis mit dem Vorhaben den Tourismus fördern wolle, denn er habe die erforderlichen Vorteile für diesen Wirtschaftszweig, wie gesteigerte Besucherzahlen, nicht vertieft dargelegt, weshalb touristische Belange in der zu treffenden Abwägung nicht hätten berücksichtigt werden können. Der Landkreis hätte, so das Gericht, darüber hinaus Alternativen prüfen und ermitteln müssen, ob sich die geplanten Anlagen nicht in zumutbarer Weise anders gruppieren lassen.

Gegen den Beschluss kann noch das Rechtsmittel der Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg eingelegt werden.

Quelle: VG Braunschweig, Beschluss vom 24.7.2023, 2 B 116/23, PM vom 25.7.2023

Formerfordernis: Planungsmangel mangelhaft beseitigt: Erneute Mangelrüge erforderlich

In einem Fall des OLG Frankfurt hatte ein Planer einen Planungsmangel begangen. Er musste diesen innerhalb einer vom Auftraggeber gesetzten Frist beseitigen. Dabei verursachte er erneut einen Planungsmangel. Dies führte zu einem Schaden von ca. 1,6 Mio. Euro. Diese verlangte der Bauherr als Schadenersatz. Darauf blieb er jedoch sitzen, denn er hatte den erneuten Planungsmangel nicht gerügt.

Der Auftrag umfasste die Planung und Modernisierung eines Autobahnkreuzes im laufenden Betrieb sowie die Organisation der Verkehrsführung während der Bauausführung. Dabei gab es zahlreiche Zwischenschritte und Abhängigkeiten. Das Ingenieurbüro reichte für einen Teil des Gesamtprojekts eine Planung ein, bei der die Höhenangaben der Fahrbahnen unvollständig waren. Der Auftraggeber setzte eine Frist zur Nachbesserung. Das Planungsbüro besserte fristgerecht nach. Es teilte dem Auftraggeber mit, dass die Mängel beseitigt und die Pläne an das ausführende Bauunternehmen weitergeleitet worden seien.

Doch die Mangelbeseitigung war ebenfalls mangelhaft. Brisant: Die Termine waren so knapp gesetzt, dass die Bauausführung unmittelbar nach Vorlage der Pläne starten sollte. Das war nun nicht mehr möglich. Aufgrund von Umstellungen des Bauablaufs machte ein Bauunternehmen die o. g. Schadenersatzansprüche geltend, da der mit Dritten vertraglich vereinbarte Terminablauf nicht zu halten war.

Das OLG hat den Schadenersatzanspruch abgelehnt: Aus formalen Gründen hätte es einer zweiten Mangelrüge bedurft, da die Bauausführung noch nicht begonnen hatte und der erneute Mangel in Besprechungen Thema war. Da dem Auftraggeber der zweite Mangel bekannt war, hätte er ihn nicht dulden dürfen, sondern formell rügen müssen. Fazit: Schadenersatz wegen eines Planungsverzugs setzt grundsätzlich eine erfolglose Fristsetzung voraus.

Die Entscheidung des OLG ist inzwischen rechtskräftig.

Quelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 11.5.2020, 29 U 56/19

Planungsrecht: Ohne wirksame Einbeziehung der VOB/B keine Kündigung bei Mängeln vor Abnahme

Von einem Planer kann erwartet werden, dass er den Wortlaut des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) kennt sowie die Grundzüge der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Das ist gängige Rechtsprechung zur Beratungspflicht gegenüber Auftraggebern. Dies spielte in einem aktuellen Fall des BGH eine große Rolle, in dem es um Kündigungsmöglichkeiten gegenüber ausführenden Unternehmen, die mit Mängelbeseitigungsverlangen lax umgingen.

Darum ging es

Ein Auftraggeber beauftragte einen Straßen- und Tiefbauer als Subunternehmer, Arbeiten entlang einer Stadtbahntrasse durchzuführen. Die Parteien bezogen in den Vertrag die VOB/B ein. Die Auftragssumme belief sich auf ca. drei Millionen Euro. Während der Ausführung rügte der Auftraggeber mehrfach die Qualität des verbauten Betons und verlangte unter Fristsetzungen die Beseitigung des Mangels. In späteren Mängelrügen drohte er dem Auftragnehmer, den ganzen oder einen Teil des Auftrags außerordentlich zu kündigen. Der Tiefbauer beseitigte die behaupteten Mängel nicht. Diese hätten mit einem Aufwand von ca. 6.000 Euro bei laufendem Baubetrieb in zwei bis drei Arbeitstagen erledigt werden können. Nach Ablauf der letzten gesetzten Frist kündigte der Auftraggeber den Bauvertrag hinsichtlich aller zu diesem Zeitpunkt noch nicht erbrachten Arbeiten.

So sah es der Bundesgerichtshof

Der BGH hielt die Kündigung für unwirksam. Entscheidend dafür war, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart war, sondern an verschiedenen Stellen davon abwich. In einem solchen Fall sei jede Regelung der VOB/B dahingehend zu überprüfen, ob sie mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbar sei. Für den hier einschlägigen Paragrafen (§ 4 Nr. 7 S. 3 i. V. m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B) gelte das nicht. Eine Kündigung aus wichtigem Grund setze voraus, dass der Auftragnehmer durch ein den Vertragszweck gefährdendes Verhalten die vertragliche Vertrauensgrundlage zum Auftraggeber derart erschüttert habe, dass diesem unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das sei hier nicht gegeben.

Quelle: BGH, Urteil vom 19.1.2023, VII ZR 34/20

Fördermittelantrag: Entgangene Zuschüsse: Energieberater haftet nicht

Die Aufgabe eines Energie-Effizienz-Experten besteht bei der KfW-Förderung in der Regel darin, den Bauherrn über passende Sanierungsmaßnahmen für sein Gebäude zu beraten und die „Bestätigung zum Antrag“ bzw. später die „Bestätigung nach Durchführung“ zu erstellen. Eine Garantie, das Fördermittel zu erreichen, schuldet er nicht. Ausnahme: Es wurde vertraglich etwas anderes vereinbart. Das hat das Landgericht (LG) Bielefeld jetzt klargestellt.

Keine Fördermittel trotz Beratung

Dem Bauherrn waren beantragte Fördermittel nicht bewilligt worden. Denn eine Frist, um Unterlagen einzureichen, die einen hydraulischen Abgleich nachweisen sollten, war verstrichen. Da der Energie-Effizienz-Experte als technischer Berater lediglich eine Dienstleistung im Sinne einer fachlichen Beratung schulde, bestehe keine vertragliche Verpflichtung dahingehend, die Fristenkontrolle für den Bauherrn zu übernehmen, da der Energie-Effizienz-Experte auch nicht dafür zuständig gewesen sei, den Antrag zu stellen, so das LG.

Kein Erfolg geschuldet nur Beratung

Das LG schloss sich damit dem Oberlandesgericht (OLG) Celle an. Dieses hatte schon entschieden: Ein Energie-Effizienz-Experte ist zum einen technischer Berater für den Bauherrn, zum anderen übt er eine Kontrollfunktion gegenüber der KfW aus. Ein Vertrag über Beratungsleistungen im Rahmen der KfW-Förderung ist kein Werkvertrag, denn der Energie-Effizienz-Experte schuldet im Hinblick auf die übernommene Beratung keinen Erfolg, sondern lediglich eine Dienstleistung im Sinne einer fachlichen Beratung. Eine Garantie, die angegebenen Fördermittel zu erlangen, schuldet er grundsätzlich nicht.

Quelle: LG Bielefeld, Urteil vom 31.1.2023, 7 O 325/21

Architektenhonorar: Was ist „anderweitiger Erwerb“ beim gekündigten Vertrag?

Nach einer freien Kündigung des Auftraggebers können Architekten die vereinbarte Vergütung abrechnen. Sie müssen sich das anrechnen lassen, was sie infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft erworben haben („anderweitiger Erwerb“). Oft ist aber umstritten, was ein solcher „anderweitiger Erwerb“ ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat dazu jetzt Klartext gesprochen.

Das müssen Architekten darlegen und beweisen

Der Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen ermittelt sich als Differenz zwischen der für die nicht ausgeführten Leistungen vereinbarten Vergütung einerseits und ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb andererseits. Als Unternehmer müssen Architekten ihre Forderungen darlegen und zu ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb vortragen und deren Höhe beziffern. Sie müssen die vereinbarte Vergütung darlegen und darüber hinaus erklären, welche Kosten sie sich erspart haben und welchen anderweitigen Erwerb sie sich anrechnen lassen müssen.

Oberlandesgericht legt Definition von „anderweitigem Erwerb“ vor

Das OLG Naumburg definiert den „anderweitigen Erwerb“ gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) wie folgt: „Sinn und Zweck des Anspruchs nach § 649 S. 2 BGB a. F. ist es, den Unternehmer schadlos zu stellen, die Kündigung für ihn wirtschaftlich zu neutralisieren, dafür zu sorgen, dass ihm aus ihr weder Vorteile noch Nachteile erwachsen. Nach § 649 S. 2 BGB a. F. ist daher nicht jeder Erwerb anzurechnen, der durch die frei gewordenen Kapazitäten erzielt wird. Vielmehr muss der Erwerb zweifelsfrei durch die Kündigung des Bestellers verursacht sein. Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und einem Ersatzauftrag bestehen, d. h. ohne die Kündigung müsste die anderweitige Vergütung ausgeblieben sein. Dies ist nicht der Fall, wenn der Unternehmer seine Leistungskapazität auf andere bereits vorhandene Werkverträge konzentriert. Ist der Betrieb des Unternehmers in der Lage gewesen, zur gleichen Zeit neben dem gekündigten Werkvertrag auch noch andere Aufträge auszuführen, die ihm unabhängig von der Kündigung von Dritten erteilt wurden, wovon in der Regel auszugehen ist, sind die Erträge aus diesen Aufträgen nicht anzurechnen.“

Quelle: OLG Naumburg, Urteil vom 24.11.2022, 2 U 180/21

Klimaschutz: Kleinwindenergieanlagen für den Eigenbedarf sind im Außenbereich privilegiert

Kleinwindenergieanlagen können als privilegierte Vorhaben im Außenbereich zugelassen werden, unabhängig von der Frage, ob der mit ihnen produzierte Strom zum Eigenbedarf verwendet oder ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden soll. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz.

Das war geschehen

Die Kläger beantragten für ihr im Außenbereich liegendes Grundstück die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung von vier Kleinwindenergieanlagen (KWEA) mit einer jeweiligen Gesamthöhe von 6,5 m. Diesen lehnte der Beklagte u. a. mit dem Argument ab, die KWEA seien nicht als im Außenbereich privilegierte Vorhaben zu behandeln, da hierunter nur solche Windenergieanlagen zu fassen seien, die der öffentlichen Versorgung dienten. Eine Einspeisung des Stroms in das öffentliche Stromnetz sei von den Klägern jedoch nicht beabsichtigt. Zudem stünden öffentliche Belange dem Vorhaben entgegen.

Strom sollte noch zu gründende Imkerei betreiben

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren verfolgten die Kläger ihr Begehren im Klageverfahren weiter und trugen vor, ihr Vorhaben sei bereits deshalb genehmigungsfrei, weil es einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Sie beabsichtigten die Errichtung eines ökologisch ausgerichteten Imkereibetriebs, der mit dem aus der KWEA gewonnenen Strom betrieben werden solle. Jedenfalls hätten sie einen Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids.

Start der Imkerei erst für 2027 geplant

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Zwar sei das Vorhaben genehmigungspflichtig, da es keinem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des Gesetzes diene, so das VG. Denn ein vernünftiger Landwirt würde unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs zunächst den Betrieb gründen, alle hierfür zwingend erforderlichen Maßnahmen durchführen und erst danach dem Betrieb dienende KWEA errichten. Die Kläger hätten hingegen bereits mit der Errichtung der KWEA begonnen, obwohl sie nach ihrem Betriebsplan erst ab dem Jahr 2027 die Energie von vier KWEA für die Imkerei benötigten.

KWEA-Vorhaben war aus anderen Gründen privilegiert

Das Vorhaben sei jedoch nach dem Baugesetzbuch (hier: § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) privilegiert, weil es der Nutzung der Windenergie diene. Sowohl dem Wortlaut als auch der Systematik der gesetzlichen Vorschrift lasse sich ein Ausschluss von Kleinwindenergieanlagen zur Deckung des Eigenbedarfs nicht entnehmen. Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck des Privilegierungstatbestandes die Förderung der Windenergie als positiven Beitrag zum Klimaschutz für dieses Verständnis. Öffentliche Belange, die Gegenstand der Bauvoranfrage seien, ständen dem Vorhaben nicht entgegen. Weder verursachten die Anlagen eine erhebliche Verunstaltung des Landschaftsbilds zumal die Kläger eine farbliche Anpassung an die sich in der Nähe befindlichen Bäume angeboten hätten noch sei die Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten.

Das VG hat die Berufung zugelassen.

Quelle: VG Koblenz, Urteil vom 27.2.2023, 1 K 604/22.KO, PM 6/23