Verbraucherschutz: Servicetelefonnummer müssen in Muster-Widerrufsbelehrung genannt werden

Unterhält das Unternehmen Telefonnummern im Kontakt mit vorhandenen Kunden, muss er diese auch in seiner Widerrufsbelehrung nennen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig im Falle eines Unternehmens hin, das über das Internet u. a. Telekommunikationsdienstleistungen vertreibt. Das Unternehmen verwendet dabei das gesetzlich angebotene Muster für die Widerrufsbelehrung, um den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu informieren. In der Muster-Widerrufsbelehrung gab es seine Telefonnummer nicht an, obwohl es über geschäftliche Telefonnummern verfügt, die eigens für den Kontakt mit bereits vorhandenen Kunden eingerichtet worden sind.

Der Kläger, ein Verein zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, will mit seiner Klage erreichen, dass das Unternehmen die Widerrufsbelehrungen nicht verwendet, ohne darin die bereits vorhandene Telefonnummer anzugeben. Das Landgericht Kiel hat das Unternehmen antragsgemäß verurteilt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat die Berufung des Unternehmens zurückgewiesen und das landgerichtliche Urteil bestätigt. Das Unternehmen hat die ihm obliegenden Belehrungspflichten gegenüber Verbrauchern nicht erfüllt, weil es eine Telefonnummer, die es für den Kontakt mit bereits vorhandenen Kunden nutzt, in der Muster-Widerrufsbelehrung nicht angegeben hat. Der Gesetzgeber hat zum Ausfüllen der Widerrufsbelehrung einen Gestaltungshinweis formuliert. Danach soll der Unternehmer seinen Namen, seine Anschrift und, soweit verfügbar, seine Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse angeben. Da der Widerruf nicht nur in Textform, sondern auch telefonisch oder mündlich erklärt werden kann, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Telefonnummer jedenfalls dann mitteilen, wenn er diese Telefonnummer auch sonst nutzt, um mit seinen Kunden in Kontakt zu treten.

So ist es bei dem Unternehmen. Es nutzt verschiedene Telefonnummern, über die es von seinen Kunden u. a. zur Inanspruchnahme von Serviceleistungen im Zusammenhang mit bereits geschlossenen Verträgen angerufen werden kann. Deshalb muss es über diesen Kommunikationsweg auch etwaige Widerrufe entgegennehmen. (OLG Schleswig, Urteil vom 10.1.2019, 6 U 37/17)

Umsatzsteuer: BFH konkretisiert das Rechnungsmerkmal „vollständige Anschrift“

Eine umsatzsteuerlich ordnungsgemäße Rechnung erfordert die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers. Nach geänderter Rechtsprechung und Verwaltungssichtweise reicht jede Art von Anschrift (einschließlich einer Briefkastenanschrift) aus, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist. Das zeitliche Moment „Erreichbarkeit“ hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun präzisiert.

Danach ist für die Prüfung des Rechnungsmerkmals „vollständige Anschrift“ (nur) der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich und nicht der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger. (BFH-Urteil vom 5.12.2018, XI R 22/14)

Personengesellschaften: Volles Elterngeld durch Gewinnverzicht

Der im Steuerbescheid ausgewiesene Jahresgewinn ist bei einem Personengesellschafter nicht anteilig im Elterngeldbezugszeitraum als Einkommen anzurechnen, wenn der Gesellschafter für diese Zeit auf seinen Gewinn verzichtet hat.

Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) im Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) entschieden. Nach derem Gesellschaftsvertrag erhielten wegen Elternzeit nicht beruflich tätige Gesellschafter keinen Gewinnanteil. Eine Gesellschafterin gebar am 6.11.2014 eine Tochter. Nach den gesonderten Gewinnermittlungen der GbR betrug ihr Gewinnanteil in der Elternzeit jeweils 0 Prozent. Während dieser Zeit tätigte sie auch keine Entnahmen.

Die Elterngeldstelle berücksichtigte auf Basis des Steuerbescheids für 2013 jedoch einen anteiligen Gewinn im Bezugszeitraum und bewilligte somit nur das Mindestelterngeld in Höhe von 300 EUR monatlich.

Das Gericht sah das anders: Einen Rückgriff auf den Steuerbescheid und eine Zurechnung fiktiver Einkünfte sieht das Gesetz nicht vor.

Mit Rücksicht auf die Neuregelung der Einkommensanrechnung (Elterngeldvollzugsvereinfachungsgesetz vom 10.9.2012) hat das BSG seine bisherige Rechtsprechung modifiziert. Danach war der Jahresgewinn eines Gesellschafters auch dann anteilig als Einkommen in der Bezugszeit anzurechnen, wenn der Gesellschafter auf seinen Gewinn in der Elternzeit verzichtet hatte. (BSG-Urteil vom 13.12.2018, B 10 EG 5/17 R)

Kapitalgesellschaften: Verdeckte Gewinnausschüttung: Zeitwertkonto des Alleingesellschafter-Geschäftsführers

Die Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer über die Ansammlung von Wertguthaben auf Zeitwertkonten ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Daher hat das Finanzgericht (FG) Münster die von der GmbH als Aufwand behandelten Zuführungen als verdeckte Gewinnausschüttungen eingestuft, die das Einkommen der GmbH nicht mindern.

Das FG hat sich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angeschlossen, wonach sich eine solche Vereinbarung nicht mit dem Aufgabenbild eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers verträgt. Dieser besitzt für die GmbH eine „Allzuständigkeit” und damit eine Gesamtverantwortung. Er muss die notwendigen Tätigkeiten auch dann erledigen, wenn dies einen Einsatz außerhalb und über die üblichen Arbeitszeiten hinaus bedeutet. Eine Vereinbarung, in der auf eine unmittelbare Entlohnung zugunsten von späterer (vergüteter) Freizeit verzichtet wird, entspricht nicht diesem Aufgabenbild.

Die von der GmbH eingelegte Klage war dennoch erfolgreich. Denn hier ging es um den Lohnsteuer-Haftungsbescheid gegen die GmbH über nicht abgeführte Lohnsteuer. Hierzu führte das FG Münster Folgendes aus:

Soweit der erfasste Aufwand aus der Lohnverpflichtung gegenüber dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer dem Zeitwertkonto zugeführt wurde, ist dieser als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Das hat auf der Ebene des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers zur Folge, dass es in dieser Höhe nicht zum Zufluss von Arbeitslohn kommt. Es liegen vielmehr Einkünfte aus Kapitalvermögen vor – und hierfür ist keine Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.

Hinweis: Die Entscheidung betraf eine Klage der Kapitalgesellschaft. Die Frage, wann die als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandelnden Gutschriften von den GmbH-Geschäftsführern zu versteuern sind, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (soweit ersichtlich) noch nicht abschließend geklärt. (FG Münster, Urteil vom 5.9.2018, 7 K 3531/16 L)

Einkommensgrenze: Krankenversicherung: (Hohe) Einkünfte gefährden die Familienversicherung

Gesetzlich Krankenversicherte können ihre Kinder und ihren Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen kostenfrei mitversichern. Eine Voraussetzung ist, dass die monatliche Einkommensgrenze für die Familienversicherung nicht überschritten wird. Diese beträgt 445 EUR in 2019. Wird eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt, beträgt die Einkommensgrenze 450 EUR monatlich. Wie wichtig es ist, die Einkommensgrenze einzuhalten, musste jüngst eine Ehefrau vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erfahren.

Die Frau war über ihren Ehemann familienversichert und bei diesem geringfügig beschäftigt. Nach Prüfung der Steuerbescheide ging die Krankenkasse davon aus, dass die Frau ein wesentlich höheres Einkommen gehabt habe. Denn sie habe Einkommen aus Vermietung und Verpachtung erwirtschaftet, das sie verschwiegen habe. Daraufhin wurde die Familienversicherung rückwirkend in eine beitragspflichtige Mitgliedschaft umgewandelt.

Dagegen wandte die Ehefrau Folgendes ein: Formal sei sie zwar Miteigentümerin von drei Immobilien. Die Mietzahlungen für diese Immobilien würden jedoch allein ihrem Ehemann zustehen. Die Zusammenveranlagung im Steuerrecht sei für die Sozialversicherung nicht verbindlich.

Nach der Entscheidung des SG Düsseldorf (Revision anhängig) sind der Ehefrau als Miteigentümerin die Hälfte der Mieteinnahmen zuzurechnen. Die einkommensteuerrechtliche Zuordnung ist dabei maßgeblich. Denn die Ehefrau kann sich nicht durch unterschiedliche Angaben beim Finanzamt und bei der Krankenkasse die jeweiligen Vorteile „herauspicken“. Da die Ehefrau ihre Einnahmen verschwiegen hat, ist ihr Vertrauen in den Bestand der Familienversicherung auch nicht schützenswert gewesen. (SG Düsseldorf, Urteil vom 25.1.2018, S 8 KR 412/16)

Arbeitgeber: Mindestlohn: Arbeitszeit muss nicht digital dokumentiert werden

Die Dokumentation der Arbeitszeit nach § 17 Abs. 1 S. 1 des Mindestlohngesetzes ist nicht formgebunden und muss daher nicht digital erfolgen. So lautet die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion.

Hintergrund: Die Aufzeichnungspflichten gelten für die in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige (z. B. für das Bau-, Gaststätten- und Speditionsgewerbe) sowie für geringfügig Beschäftigte. Ausnahmen regelt die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung aus 2015. (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 19/6686)

Arbeitnehmer: Arbeitgeber vergibt Genussrechte: Zahlungen sind Kapitalerträge

Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Erträge aus Genussrechten, sind diese auch dann als Kapitaleinkünfte – und nicht als Arbeitslohn – zu behandeln, wenn die Genussrechte nur leitenden Mitarbeitern angeboten werden.

Diese erfreuliche Ansicht vertritt das Finanzgericht (FG) Münster im Fall eines Arbeitgebers, der mit seinem Marketingleiter Genussrechtsvereinbarungen abgeschlossen hatte. Durch die nur Arbeitnehmern angebotenen Rechte sollten Investitionen finanziert werden. Die jährlichen Erträge waren auf 18 Prozent des Nennwerts der Einlage begrenzt.

Das Finanzamt behandelte die Erträge als Arbeitslohn, weil die Vereinbarungen nur leitenden Mitarbeitern angeboten wurden und die Renditen unangemessen hoch gewesen seien. Der Marketingleiter begehrte indes eine Besteuerung mit dem für Einkünfte aus Kapitalvermögen geltenden niedrigeren Steuersatz. Und zwar zu Recht, wie das FG befand.

Eine Veranlassung durch das Dienstverhältnis und damit eine Einstufung als Arbeitslohn ergibt sich nicht allein daraus, dass die Beteiligungsmöglichkeiten nur leitenden Angestellten angeboten wurden. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer das Kapital aus eigenem Vermögen erbracht und ein Verlustrisiko getragen hat.

Ferner hätten ihm die Erträge auch zugestanden, wenn er z. B. wegen Krankheit tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht hätte. Weil es sich um nicht besichertes Kapital gehandelt hat, erschien dem FG die maximale Rendite nicht unangemessen hoch. (FG Münster, Urteil vom 7.12.2018, 4 K 1366/17 E)

Außergewöhnliche Belastung: Aufwand für glutenfreie Diätverpflegung

Aufwendungen für eine glutenfreie Diätverpflegung sind nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abzugsfähig. Dies soll nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Köln selbst dann gelten, wenn diese Nahrungsmittel aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen werden.

Das FG begründet seine Entscheidung mit dem gesetzlichen Abzugsverbot für Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen. Mit dieser Regelung bzw. mit der Entscheidung des FG wollen sich die Steuerpflichtigen im Streitfall aber nicht zufriedengeben und haben Revision eingelegt. (FG Köln, Urteil vom 13.9.2018, 15 K 1347/16)

Kapitalanleger: Verluste bei Ausbuchung wertloser Aktien abziehbar

Verluste aus Aktiengeschäften erkennt das Finanzamt regelmäßig nur an, wenn dem eine Veräußerung vorausgegangen ist. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz ist da aber anderer Auffassung. Danach führt die ersatzlose Ausbuchung endgültig wertlos gewordener Aktien durch die das Depot führende Bank zu einem einkommensteuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust aus Kapitalvermögen.

In dem Fall hatte ein Anleger Aktien erworben und in seinem Privatvermögen gehalten. Im Zuge eines Insolvenzverfahrens teilte die das Aktiendepot führende Bank dem Anleger mit, dass die zuständige Lagerstelle die Aktien als wertlos eingestuft hat und die Anteile ersatzlos ausgebucht worden sind.

In seiner Steuererklärung machte der Anleger den Verlust in Höhe der Anschaffungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust aber nicht an, da es sich nicht um einen Verkauf gehandelt habe und außerdem keine Steuerbescheinigung ausgestellt worden sei.

Der hiergegen gerichteten Klage gab das FG Rheinland-Pfalz statt. Der Untergang einer Kapitalanlage stellt zwar keine Veräußerung dar. Nach Meinung des FG ist der Ausfall bei Untergang der Kapitalgesellschaft aber vom Ersatztatbestand der „ausbleibenden Rückzahlung“ erfasst.

Eine Steuerbescheinigung soll einen doppelten Verlustabzug verhindern. Doch diese Gefahr bestand hier nicht. Denn die Bank, die der Verwaltungssicht (einkommensteuerliche Irrelevanz der Ausbuchung) folgte, stellte keine Steuerbescheinigung aus. Eine Doppelberücksichtigung des Verlusts war daher ausgeschlossen.

Hinweis: Der Bundesfinanzhof hat sich in letzter Zeit bereits mit dem Verfall einer Kauf- und einer Verkaufsoption beschäftigt und etwaige Verluste steuerlich anerkannt. Die Finanzverwaltung ist dieser Ansicht inzwischen gefolgt.

Die Behandlung des Verlusts einer Kapitalanlage bei Untergang/Liquidation einer Kapitalgesellschaft ist bislang höchstrichterlich jedoch noch nicht geklärt. Demzufolge hat das FG die Revision zugelassen, die bereits anhängig ist. (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.12.2018, 2 K 1952/16)

Unfallschadensregulierung: Gutachtenkosten sind trotz Versicherungsgutachten zu erstatten

Der Geschädigte darf auch dann ein eigenes Gutachten in Auftrag geben, wenn der gegnerische Haftpflichtversicherer seinerseits ein Gutachten erstellen lässt.

So entschied das Amtsgericht Rheinbach. Das Urteil entspricht gängiger Rechtsprechung, auf die es sich auch bezieht. Der Versicherer kann das Recht des Geschädigten auf ein Gutachten nicht dadurch torpedieren, dass er selbst schneller reagiert.

Von diesem Grundsatz gibt es nur eine einzige Ausnahme. Sie liegt vor, wenn sich der Geschädigte in Abstimmung mit dem Versicherer ausdrücklich einverstanden erklärt hat, dass der Versicherer die Gutachtenthematik in die Hand nimmt. (Amtsgericht Rheinbach, Urteil vom 10.12.2018, 26 C 183/17)