Mietverhältnis: Rauchen auf der Terrasse des Nachbarhauses kann eine Störung sein

Fühlt sich der Eigentümer eines Reihenhauses durch Zigarettenrauch vom Grundstücksnachbarn gestört und ist er dadurch über das gesetzlich bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, hat er gegen den Nachbarn einen Unterlassungsanspruch.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Dortmund hin. Die Richter machten aber auch deutlich, dass auch der Nachbar ein Recht habe, auf seinem Grundstück zu rauchen. Daher ist ein Interessenausgleich vorzunehmen. Das LG Dortmund hat dies so gelöst, dass im Drei-Stunden-Takt dem rauchenden Nachbarn Rauchzeiten gestattet wurden. (LG Dortmund, Urteil vom 8.7.2017, 1 S 451/15)

Hausordnung: Keine Sonderrechte für Pianisten: Gleiches Recht für alle Störer

Die Hausordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft über Ruhezeiten darf ohne sachlichen Grund nicht bestimmte Störer privilegieren.

Die Hausordnung erlaubte Musik – insbesondere Klavierspielen – nur zu eingeschränkten Zeiten. Für anderen Lärm galten andere Zeiten. Unterschiedliche Störungen durch Geräusche derart ungleich zu behandeln, ist nicht zulässig, so das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 4.10.2017, 13 S 131/16)

Erbrecht: Vom Erbvertrag kann nur bei schweren Verfehlungen zurückgetreten werden

Haben sich die Parteien im Erbvertrag kein Rücktrittsrecht vorbehalten, ist ein Rücktritt nur bei besonders schweren Verfehlungen des Bedachten möglich.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln. In dem Fall hatte der Erblasser mit seiner Frau einen Erbvertrag geschlossen, in dem sich beide gegenseitig als Erben eingesetzt hatten. Später erklärte er notariell den Rücktritt vom Erbvertrag und setzte seine Kinder als Alleinerben ein. Frau und Kinder streiten nun darüber, ob der Rücktritt wirksam war.

Die Richter am OLG entschieden zugunsten der Ehefrau. Da der Rücktritt im Erbvertrag nicht vorbehalten war, wäre lediglich ein Rücktritt wegen Verfehlungen des Bedachten nach § 2294 BGB in Betracht gekommen. Dort heißt es, dass der Erblasser von einem Erbvertrag zurücktreten kann, wenn sich „der Bedachte einer Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser zur Entziehung des Pflichtteils berechtigt oder, falls der Bedachte nicht zu den Pflichtteilsberechtigten gehört, zu der Entziehung berechtigen würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers wäre.“ Den Beweis hierfür müssten die Kinder antreten. Ihr Vortrag reiche aber nicht aus, um eine solche Verfehlung anzunehmen. Sie behaupten zwar, die Ehefrau habe schwere Vergehen zum Nachteil des Erblassers begangen. So habe sie 19.000 EUR von einem Konto des Erblassers abgehoben und von diesem Konto Kosten für ihren Pkw sowie persönliche Vereinsbeiträge beglichen. Schließlich sei auf diesem Konto ein Dauerauftrag in Höhe von monatlich 2.000 EUR eingerichtet worden, sodass die Ehefrau insgesamt mehr als 200.000 EUR für sich verwandt habe.

Diese Verfügungen seien nach Ansicht der Richter jedoch nicht geeignet, entsprechende Vergehen zu begründen. Die Ehefrau habe lediglich von den ihr eingeräumten Geschäftsführungsbefugnissen und Vollmachten Gebrauch gemacht. Ob hierin Vermögensdelikte (beispielsweise eine Untreue) zu sehen sein könnten, setze voraus, dass die im Innenverhältnis getroffenen Absprachen und Verträge bekannt seien. Dazu habe die Tochter aber nichts Konkretes vorgetragen. (OLG Köln, Beschluss vom 3.7.2017, 2 Wx 147/17)

Erbrecht: Auch als „Vollmacht“ bezeichnete Schriftstücke können Testamente sein

Eigenhändig ge- und unterschriebene Schriftstücke können Testamente sein, auch wenn die Erblasserin die Schriftstücke nicht mit „Testament“ oder „mein letzter Wille“, sondern mit einer anderen Bezeichnung wie z.B. „Vollmacht“ überschrieben hat.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einer Erbstreitigkeit entschieden. Die Erblasserin hatte in einem als „Testament“ überschriebenen Schriftstück bestimmt, dass ihre Schwestern ihr Haus je zur Hälfte erben sollten. Wenige Tage später erteilte sie ihrer Nichte in einem mit „Vollmacht“ überschriebenen Schriftstück Vollmacht, „über meinen Bausparvertrag bei der … Bausparkasse über meinen Tod hinaus, zu verfügen und sich das Guthaben auszahlen zu lassen“ und „über sämtliches Vermögen, welches bei der Volksbank … besteht, über meinen Tod hinaus, zu verfügen“.

Die Beteiligten stritten nun darüber, ob das als „Vollmacht“ bezeichnete Schriftstück ebenfalls als Testament anzusehen ist. Die Klägerin sieht das so. Sie hat gemeint, die Erblasserin habe ihr die Guthaben als Vermächtnisse zugewandt. Ihre Tante – die Beklagte – hat die Auffassung vertreten, die Erblasserin habe der Klägerin lediglich Vollmachten erteilt und ihr keine Vermächtnisse zugewandt.

Die Richter am OLG gaben der Klägerin recht. Die Erblasserin habe ihr die Guthaben bei der Volksbank und der Bausparkasse im Rahmen von Vermächtnissen zugewiesen. Die beiden mit „Vollmacht“ überschriebenen Schriftstücke seien rechtswirksam errichtete privatschriftliche Testamente. Sie seien von der Erblasserin eigenhändig geschrieben und unterschrieben worden. Damit würden sie die formalen gesetzlichen Anforderungen an ein privatschriftliches Testament erfüllen.

Dabei sei unerheblich, dass die Schriftstücke nicht mit „Testament“ oder „mein letzter Wille“ überschrieben seien. Das sei auch nicht erforderlich, weil sie auf einem ernstlichen Testierwillen beruhten. Auf die exakte Wortwahl komme es insofern nicht an. Auch der Text des zuvor errichteten Testaments lasse erkennen, dass sich die Erblasserin mit den üblichen Formulierungen letztwilliger Verfügungen nicht ausgekannt habe.

Die Erblasserin habe die Schriftstücke zudem gemeinsam mit dem wenige Tage zuvor errichteten Testament in ihrer Wohnung hinterlegt. Ihr Einsatz im Rechtsverkehr sei aus Sicht der Erblasserin auch nicht notwendig gewesen, nachdem sie ihrer einen Schwester, der Mutter der Klägerin, bereits postmortale Vollmachten für die Bankkonten erteilt habe. Die Mutter der Klägerin habe als Zeugin zudem glaubhaft bekundet, dass die Erblasserin sie und nicht (auch) die Klägerin als ihre Bevollmächtigte angesehen habe.

Vor diesem Hintergrund seien die beiden Schriftstücke so aufzufassen, dass die Erblasserin der Klägerin ihre auf den Konten bestehenden Guthaben als Vermächtnisse habe zuwenden wollen. Dabei habe sie mangels juristischer Beratung gemeint, dies geschehe bei den Forderungen gegen eine Bank dadurch, dass sie postmortale Vollmachten ausstelle. Die Formulierungen in dem Text, die Klägerin solle sich die Guthaben auszahlen lassen, spreche ebenfalls für eine Zuwendung. Gleiches gilt für die Formulierung, dass sie die Zuwendung behalten solle. (OLG Hamm, Urteil vom 11.5.2017, 10 U 64/16)

Versorgungsausgleich: Zwangsgeld darf im Versorgungsausgleichsverfahren nur in bestimmten Fällen angeordnet werden

Im Verfahren um den Versorgungsausgleich darf ein Zwangsgeld gegen einen Ehegatten nur verhängt werden, wenn hinreichend deutlich gemacht wurde, welche Handlung er vornehmen soll. Außerdem muss diese genau bezeichnete Handlung für die Durchführung des weiteren Verfahrens notwendig sein.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. erneut klargestellt. Die Richter machten deutlich, dass der zur Auskunft verpflichtete Ehegatte in vielen Verfahren nicht hinreichend genau darauf hingewiesen wird, welche Handlung er vornehmen muss. Unzureichend ist z. B. der Hinweis, der Versicherungsverlauf sei zu klären. Vielmehr muss der Auskunftspflichtige konkret darauf hingewiesen werden, welche Angaben er machen muss. Wenn kein hinreichend konkreter Hinweis erfolgt ist, muss der Ordnungsgeldbeschluss auf die sofortige Beschwerde hin aufgehoben werden. (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 5.12.2016, 4 WF 282/16)

Abstammung: Anfechtung der Vaterschaft durch den biologischen Vater

Eine Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht. Es gibt keine verfassungsrechtlichen Bedenken, das Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters auszuschließen, wenn zwischen Kind, Mutter und rechtlichem Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. Zwar müsse es dem leiblichen Vater möglich sein, die rechtliche Vaterposition zu erlangen. Das gelte aber nur, wenn dem eine schützenswerte familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinen rechtlichen Eltern nicht entgegensteht. Entsprechend habe der Gesetzgeber der in einer sozial-familiären Beziehung gelebten Elternschaft des rechtlichen Vaters den Vorrang vor dem grundrechtlich geschützten Interesse des leiblichen Vaters eingeräumt, in die rechtliche Elternstellung einzurücken.

Kann der leibliche Vater die bestehende rechtliche Vaterschaft dagegen erfolgreich anfechten, führt dies dazu, dass er auch der rechtliche Vater des Kindes ist. (BGH, Urteil vom 18.10.2017, XII ZB 525/16)

Vertragsrecht: Leistungen der technischen Gebäudeausrüstung schuldet auch Beratung zu Mietereinbauten

Ingenieurbüros, die umfassend mit Leistungen der technischen Gebäudeausrüstung beauftragt sind und sich auch um Mietereinbauten kümmern müssen, haben insgesamt für die ordnungsgemäße Planung und Bauüberwachung einzustehen. Sie müssen gegenüber den Mietern Beratungsleistungen erbringen, Vorschläge der am Bau Beteiligten würdigen und bauordnungs- bzw. öffentlich-rechtliche Vorgaben in allen Bereichen einhalten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Einvernehmen mit dem Bundegerichtshof (BGH) entschieden. Brandschutztechnische Auflagen, die das Gesamtgebäude betreffen und in die Bereiche der Mietereinbauten „fachtechnisch hineinragen“, sind mit den Mietern abzustimmen, um im Ergebnis eine fachgerechte Planungslösung zu erzielen. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen zurückgewiesen. (OLG Hamm, Urteil vom 18.8.2015, 24 U 76/13)

Besondere Vergütung: Mengenänderungen unverbindlicher Bedarfsposition: Kein Recht zur Preisanpassung

Das Preisanpassungsrecht nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B gilt nur, wenn die verbauten Massen unerwartet von den in der Leistungsbeschreibung verbindlich vereinbarten Vordersätzen abweichen.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Bei Mengenänderungen einer Bedarfsposition kommt eine Preisanpassung nur in Betracht, wenn beide Parteien von einer bestimmten zu erwartenden Menge ausgegangen sind. Enthält das Leistungsverzeichnis keine solche verbindliche Mengenangabe, ist die Leistung nach dem vereinbarten Vertragspreis abzurechnen. (BGH, Urteil vom 11.10.2017, XII ZR 8/17)

Mangel der Werkleistung: Dauerhaft stabiler Farbton als vereinbarte Beschaffenheit

Vergilbt nach Ablauf eines halben Jahres nach den Malerarbeiten die verwendete Farbe und entspricht damit nicht mehr dem Farbton, den die Parteien vorab auf einer Probefläche besichtigt haben, ist dies ein Mangel der Werkleistung.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Nach Ansicht der Richter gilt dies auf jeden Fall, wenn der Auftraggeber unkundig ist und ohne das Vergilbungsrisikos zu erörtern, vor oder bei Vertragsschluss erwarten darf, dass sich der Anstrich nicht nach so kurzer Zeit mehr als nur unwesentlich verändern würde. (BGH, Urteil vom 31.8.17, VII ZR 5/17)

Teilbürgschaften: Wann kann ein Bauunternehmen Sicherheiten austauschen?

Ein Auftragnehmer möchte seinen Sicherheitseinbehalt durch eine Gewährleistungsbürgschaft ablösen. Er möchte den Betrag in zwei Bürgschaften aufsplitten. Ist das in irgendeiner Form problematisch? Es ist diesbezüglich nichts vertraglich vereinbart.

Antwort: Das Aufsplitten der Bürgschaft wird man dem Auftragnehmer wohl nicht verwehren können. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hat diese Vorgehensweise für zulässig erachtet.

Dieses Begehren hat in der Regel den Hintergrund, dass der Bürge das Volumen für Einzelbürgschaften für den Auftragnehmer limitiert hat. Dann bleibt nur die Möglichkeit zu splitten. Vorsicht ist nur angesagt, wenn die Teilbürgschaften unterschiedliche Sicherungszwecke haben sollen (also z. B. eine Bürgschaft für Bauteil A und eine für Bauteil B). Davon würden wir abraten. Denn wenn Sie dann einen teuren Mangel am Bauteil A haben, haftet dafür nur die eine der beiden Bürgschaften. Ihr Auftraggeber hätte dann also nur die halbe Sicherheit. Außerdem gibt es Mängel, die sich nicht ohne Weiteres einzelnen Bauteilen zuordnen lassen oder mehrere betreffen. (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.12.2014)